Ein Mann gedenkt den Opfern des Amoklaufs in Hamburg.
Ein Mann gedenkt den Opfern des Amoklaufs in Hamburg. Tobias Schwarz/AFP

Es ist eine schier unglaubliche Menge an Schussmaterial, die der Hamburger Amokläufer Philipp F. vor seiner grausamen Bluttat hortete.

Bei der Tat verschoss er neun volle Magazine mit 15 Schuss jeweils – also mehr als 130 Schuss. Nur dem beherzten und schnellen Eingreifen der Polizei ist es wohl zu verdanken, dass nicht noch mehr Menschen sterben mussten.

Denn der Sportschütze hatte 22 weitere Magazine dabei. Im Zuhause von F. fand die Polizei bei einer Durchsuchung noch 15 zusätzliche Magazine und 200 weitere Patronen. Das Blutbad hätte also noch viel größer sein können.

Lesen Sie auch: Post-Streik: Will der Konzern jetzt Streikbrecher mit Überstunden locken? >>

Waffenbehörde erhielt anonymen Hinweis

Die grausame Tat wirft nun jedoch auch Fragen gegen die Behörden auf. So besaß Täter Philipp F. die Waffe Heckler & Koch P30 als Sportschütze legal. Doch die zuständige Waffenbehörde hatte im Januar ein anonymes Hinweisschreiben erhalten. Darin wurde auf eine mögliche psychische Erkrankung von F. hingewiesen. Eine ärztliche Behandlung lehne er ab.

Im Schreiben sprach der Verfasser auch davon, dass F. einen Hass auf die Zeugen Jehovas und seinen ehemaligen Arbeitgeber habe. Der anonyme Schreiber forderte eine waffenrechtliche Überprüfung von Philipp F. 

Diese führte die Waffenbehörde am 7. Februar mit zwei Beamten durch. Zuvor hatte sie auch zum Täter im Internet recherchiert und nach Strafanzeigen gegen ihn gesucht. Bei dem unangekündigten Hausbesuch trafen die Beamten auf den späteren Täter. Der zeigte sich laut Polizeipräsident Ralf Martin Meyer kooperativ. Erklärte sachlich die Situation, zeigte die gelagerte Waffe, die Munition und den Waffenschrank.

Hauskontrolle brachte keine Ergebnisse – Amokläufer durfte Waffe behalten

Bei der Kontrolle wurde nur ein kleiner Verstoß festgestellt. Eine Patrone lag auf dem Waffenschrank. Dort habe sie nicht hingehört. Für den kleinen Verstoß sei deshalb nur eine „mündliche Verwarnung“ ausgesprochen worden. Der spätere Amokläufer habe Einsicht gezeigt und die Patrone umgehend in den Waffenschrank gelegt.

Ansonsten sei alles sachgemäß aufbewahrt worden. Tatsachen, die für die Anforderung einer psychologischen Untersuchung laut Polizeipräsident notwendig gewesen wären, hätten die Kontrolleure nicht erkannt oder vorgefunden. „Die rechtlichen Möglichkeiten der Beamten waren damit ausgeschöpft“, so Hamburgs Polizeipräsident Meyer.

Lesen Sie auch: Amokläufer Philipp F.: Dieser Berater tötete im Wahn sieben Menschen! >>

Doch wie eine Recherche des KURIER ergab, hätten die Behörden die wirren Ansichten des Amok-Beraters durchaus finden können. Denn der spätere Täter hatte bereits im Dezember 2022, kurz nach Erwerb seiner Waffenbesitzkarte und der Waffe ein wirres 306-seitiges Buch bei Amazon veröffentlicht. Darin schwadronierte er von Gott, Jesus und Satan, zeigte ein verqueres Weltbild.

Zudem habe er auf der Website andere wirre Texte veröffentlicht und ein astronomisches Beraterhonorar für seine Dienste verlangt. Warum die Polizei die Waffenbehörde die frei verfügbaren Informationen nicht auswertete, bleibt unklar.