Getötet vor 17 Jahren
Gruseliger „Cold Case“: Brutal ermordet! Was geschah mit Frauke Liebs?
Seit 17 Jahren suchen die Ermittler im Mordfall Frauke Liebs nach Hinweisen. Auch die Mutter des Opfers beteiligte sich. Doch jetzt zieht sie einen Schlussstrich.

Ingrid Liebs will nicht mehr. 17 Jahre nach dem Fund ihrer toten Tochter schaltet die ehemalige Schulleiterin in ein paar Wochen die Internetseite mit dem Aufruf nach Zeugenhinweisen ab. Die stark verweste Leiche ihrer Tochter war am 4. Oktober 2006 in einem Waldstück südöstlich von Paderborn bei Lichtenau gefunden worden. Seit Jahren zählt der ungelöste Mordfall Frauke Liebs zu den bekanntesten „Cold Cases“ in der deutschen Kriminalgeschichte.
„Der Jahrestag ist ein guter Zeitpunkt, um loszulassen. Aus meiner Sicht ist von mir alles getan, um den zu finden, der für Fraukes Tod verantwortlich ist“, sagte die Lehrerin im Ruhestand der Deutschen Presse-Agentur. Das Fazit der 70-Jährigen nach drei Jahren Suche: „Ich habe keinen Mitwisser zum Sprechen bringen können.“ Auf der Internetseite hatte Ingrid Liebs mehrere Fotos ihrer Tochter platziert, darüber die Überschrift „Wer ermordete Frauke Liebs im Juni 2006?“
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„Cold Case“: Frauke Liebs wurde im Oktober 2006 bei Paderborn ermordet
„Es gibt keine gesicherten Hinweise auf solche Mitwisser. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass es die nicht gibt. Von der Logik her muss es Leute geben, die etwas mitbekommen haben. Denn meine Tochter wurde ja mindestens eine Woche lang gefangen gehalten“, sagt Liebs.

Was war passiert? Frauke Liebs hatte mit Freunden im Sommer 2006 in einer Kneipe in der Innenstadt von Paderborn ein Spiel der Fußball-WM im Fernsehen geschaut. Gegen 23 Uhr machte sie sich allein auf den Heimweg zu ihrer Wohnung, die rund 1,2 Kilometer entfernt im Südwesten der Innenstadt lag. Dort kam die als verlässlich geltende Schwesternschülerin nie an. Ihre Mutter erstattete am nächsten Tag eine Vermisstenanzeige.
Am 4. Oktober 2006 fand ein Jäger die Leiche von Frauke Liebs
In der ersten Woche nach ihrem Verschwinden rief Frauke mehrmals ihren WG-Mitbewohner an und sprach noch mit Familienmitgliedern per Handy. Die Ermittler gehen davon aus, dass der Täter dabei in Fraukes Nähe war. Monate später, am 4. Oktober 2006, fand ein Jäger dann die Leiche der 21-Jährigen in einem Wald.
Der damals zuständige Staatsanwalt Ralf Vetter, 13 Jahre später bei der Staatsanwaltschaft Detmold für den Missbrauchsfall Lügde zuständig, äußerte sich nach Abschluss der Ermittlungen: „Am Fundort der stark skelettierten Leiche konnten keine beweiserheblichen Spuren, die auf einen Tatverdächtigen hinwiesen, gefunden werden. Bis heute fehlen noch persönliche Gegenstände des Opfers: ein Nokia-Handy, eine Fossil-Armbanduhr und eine schwarze Handtasche.“

Vetter weiter: „Letztendlich fehlt uns der Zeuge, der das Opfer und den Täter zusammen gesehen hat.“ Im Juni 2007, ein Jahr nach dem Verschwinden der jungen Frau, löste die Polizei die Mordkommission auf. Elf Ermittler hatten 700 Spuren und Hinweise überprüft. Leiter Ralf Östermann sprach von einer schlechten Spuren- und einer schwierigen Ausgangslage. Bis zu diesem Zeitpunkt waren über 1000 Personen kontaktiert, befragt und vernommen worden – ohne Erfolg.
Mutter von Frauke Liebs wurde immer wieder beschimpft und beleidigt
Hier setzte Fraukes Mutter mit ihrer Internetseite an – bislang vergeblich. Es habe immer Hinweise an sie gegeben, die nicht tragfähig waren. „Ein Anrufer sagte, er habe damals am Donnerstag nach Fraukes Verschwinden meine Tochter mit einem Mann am Waldrand gesehen. Als ich nachfragte, stellte sich heraus, dass das nicht sein konnte, denn er musste einräumen, dass er die Frau, die er gesehen hatte, nicht einmal beschreiben konnte. Als ich ihm das sagte, wurde er mir gegenüber auch noch unverschämt.“
Sie sei in den vergangenen Jahren beschimpft und beleidigt worden, wenn sie Zweifel an der Richtigkeit der Hinweise äußerte. „Einmal schickte mir eine Person 45 nur bedingt ertragbare Mails. Das war alles nicht nachprüfbar, da die Person weder eine E-Mail-Adresse noch ihren Namen nannte.“

Jede Mail, die eingehe, mache ja im ersten Moment Hoffnung. „Aber dann kommt beim Lesen oft der Ärger auf, wenn es wieder keine tragfähigen Mails sind, weil sie keine nachprüfbaren personenbezogenen Inhalte haben. Ich will das nicht mehr. Daneben gibt es natürlich gut gemeinte, auch empathische Mails, die aber in der Sache leider auch nicht weiterbringen. Das macht auf Dauer mürbe“, beschreibt Ingrid Liebs die Erfahrungen der letzten drei Jahre, in der sie mithilfe der Internetseite auf neue Hinweise hoffte.
Mord verjährt nicht: Staatsanwaltschaft will Fall nicht zu den Akten legen
Auch 2021 und 2022 ging die Polizei neuen Hinweisen nach. Ingrid Liebs war in einer TV-Dokumentation zu Wort gekommen und hatte damit zahlreiche Reaktionen ausgelöst. Aber auch hier blieb der Schlüssel zur Lösung des Verschwindens der jungen Frau aus.
Mord verjährt im Strafrecht nicht. Und so werden auch keine Akten bei Polizei oder Staatsanwaltschaft geschlossen. Bei der Staatsanwaltschaft Paderborn behält Kai Uwe Waschkies die Akte im Blick. „Der Mordfall Frauke L., der die Menschen im Kreis Paderborn und darüber hinaus nach vielen Jahren immer noch stark bewegt, hat auch eine besondere Bedeutung für mich als zuständigen Kapitaldezernenten der Staatsanwaltschaft Paderborn. Er ist sicherlich einer der bekanntesten Mordfälle des Kreises Paderborn und aufgrund des Täterverhaltens auch kriminalistisch-psychologisch höchst interessant“, sagt der Staatsanwalt. Er gibt nicht auf. „Ich habe nach wie vor den Anspruch, den Mordfall zu klären, und will ihn nicht zu den Akten legen.“
Liebs beschreibt sich selber zwar in Bezug auf ihre getötete Tochter als traurig, aber nicht als im Leben grundsätzlich verzweifelt. Wichtige Ankerpunkte in ihrem Leben sind ihr Sohn, ihre zweite Tochter, das Enkelkind und ihr Lebensgefährte. Den Appell an Täter oder Mitwisser, sich zu melden, hält sie aufrecht.