Streit um 3G in deutschen Fernzügen
Gesundheitsministerium behauptet: Wenige Corona-Infektionen in Zügen – doch stimmt das?
Gegner der 3G-Regeln bei Bahnreisen behaupten, in Zügen würden sich Menschen kaum mit dem Coronavirus anstecken, doch ihre Argumentation ist brüchig.

In der Bundesregierung gibt es weiter keine Einigkeit über die Einführung der sogenannten 3G-Regel in Fernzügen: ob Bahnreisende also nur geimpft, genesen oder negativ getestet einsteigen dürfen. „Praktisch nicht durchführbar“, heißt es von den Unions-Bundesministerien für Verkehr, Gesundheit und Inneres. Eines ihrer Argumente gegen 3G: die Zahl der Corona-Fälle im Zugverkehr.
Ein Sprecher von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sagte am Montag, „dass nur wenige Infektionsfälle der Benutzung des öffentlichen Personenverkehrs zugeordnet werden können“. Doch das ist anhand der Datenlage eine ziemlich wackelige Behauptung.
Im Detail lässt sich nämlich überhaupt nicht beziffern, wo sich Menschen mit dem Erreger anstecken – besonders nicht bei hohen Fallzahlen. Während zum Beispiel bei den 5556 neuen Corona-Fällen in der Woche zwischen dem 5. und 11. Juli bei fast jedem Vierten vermerkt wurde, in welchem Umfeld die Infektion geschah, war das nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) bei den 48.700 Fällen zwischen dem 16. und 22. August nur noch bei jedem Zehnten der Fall.
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Corona: Bei 90 Prozent der Infektionen weiß niemand, wo sie geschehen
Das heißt: Zuletzt wussten die Gesundheitsbehörden bei etwa 90 Prozent der Neuinfektionen nicht, wo sich die Menschen angesteckt hatten. Es gibt also ein riesiges Dunkelfeld, wie aus einer wöchentlich aktualisierten RKI-Tabelle hervorgeht.
Am Montag hatten Verkehrs-, Gesundheits- und Innenministerium in einem gemeinsamen Papier, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, erhebliche Bedenken gegen die 3G-Regel bei Bahnreisen geltend gemacht. Darin wird argumentiert, es gebe keinen Schwerpunkt im öffentlichen Personenverkehr bei Corona-Infektionen, die einem Ausbruch zugeordnet werden könnten. Die Zahlen seien im Gegensatz zu anderen Bereichen sogar „deutlich unterdurchschnittlich“.
Das stimmt – aber eben nur bezogen auf jene knapp zehn Prozent der Fälle, die von den Gesundheitsämtern überhaupt auf einen Ausbruch zurückzuführen waren: Unter diesen war zwischen dem 16. und 22. August tatsächlich etwa eine Ansteckung im privaten Umfeld am häufigsten (61 Prozent). Im öffentlichen Verkehr hingegen waren es nur rund 1,2 Prozent. Wiederum hatten aber auch andere Bereiche in diesem Zeitraum nur einen geringen Anteil – etwa Krankenhäuser (0,2 Prozent), Restaurants (0,7) oder Flüchtlingsheime (1,6).
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Dass man die Angaben zum Infektionsumfeld mit Vorsicht interpretieren muss, ist lange bekannt. Schon vor fast einem Jahr etwa hatte das RKI Mitte September 2020 zu bedenken gegeben: Eine Ansteckung nachzuvollziehen, sei für ein begrenztes Umfeld – wie eine Familie oder eine Feier – eher möglich als etwa beim Aufenthalt in von vielen Menschen genutzten Räumen wie zum Beispiel Bars. Weiter hieß es: „In einigen Umfeldern, beispielsweise im Bahnverkehr, lassen sich Ausbrüche nur schwer ermitteln, da in vielen Fällen die Identität eines Kontaktes im Nachhinein nicht mehr nachvollziehbar ist.“