Geparden für Indien – das Land will die dort ausgestorbenen schnellen Jäger wieder ansiedeln
Die letzten Geparden in Indien wurden vor mehr als 70 Jahren erschossen. Nun will das Land eines der schnellsten Tiere der Welt wieder heimisch machen. Ein großes Experiment – nicht ohne Risiken.

Der letzte Gepard Indiens wurde vor 70 Jahren erschossen. Dann wurden die schnellen Raubkatzen auf dem Subkontinent für ausgestorben erklärt. Mit einer riskanten Aktion versucht das Land nun, die eleganten Raubkatzen wieder anzusiedeln. Es sei das erste Mal, dass Geparden von einem Kontinent auf einen anderen umgesiedelt würden, sagt Yadvendradev Jhala, der beim Projekt auf indischer Seite beteiligt ist. Man hoffe auf einen großen Erfolg für den Artenschutz weltweit und auch für Indien.
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Auch die nationalistische Regierung von Premierminister Narendra Modi hofft auf eine erfolgreiche Wiedereinführung – und darauf, dass dies genau dieses Jahr passiert. Denn in diesem Jahr feiert Indien 75 Jahre seit dem Ende der britischen Kolonialherrschaft. Modi entließ die Tiere am Samstag selbst in ein erstes Quarantänegehege in ihrem neuen Zuhause im Kuno-Nationalpark, einem 750 Quadratkilometer großen Reservat im zentralen Bundesstaat Madhya Pradesh, indem er ihre Transportkisten langsam öffnete. Er feierte dabei auch seinen 72. Geburtstag.
Geparden reisten 9000 Kilometer aus Afrika nach Indien
Die acht Geparden aus dem südwestafrikanischen Namibia haben eine etwa 9000 Kilometer lange Reise nach Indien überstanden. Unter ihnen befinden sich fünf weibliche Tiere im guten Fortpflanzungsalter, sagt Laurie Marker, die Direktorin des namibischen Fonds zum Schutz der Geparden. In ihren Kisten wurden die Tiere zunächst von Namibias Hauptstadt Windhuk zum Luftwaffenstützpunkt in Gwalior in Madhya Pradesh geflogen, von wo aus es per Hubschrauber weiterging.
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Naturschutz in Indien
Indien spielt seit Jahrzehnten mit dem Gedanken, die Raubkatzen wieder einzuführen. Da Geparden nicht in Gefangenschaft gezüchtet werden können, musste ein anderer Plan her. Obwohl optisch identisch, unterscheidet sich der Gepard im südlichen Afrika (Acinonyx jubatus jubatus) genetisch geringfügig von der asiatischen Geparden-Unterart (Acinonyx jubatus venaticus). In Namibia ist eine der größten Geparden-Populationen der Welt heimisch.
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Dass sich Geparden in Gefangenschaft kaum fortpflanzen liegt an viele Gründen: In der Natur sind weibliche Geparde rasch trächtig, sobald sie fortpflanzungsfähig sind. Steht der Nachwuchs auf eigenen Beinen, paart sich ein Geparden-Weibchen meist wieder. Verhindert der Mensch aber den Nachwuchs oder wartet zu lange mit der Zucht, reifen in erwachsenen Weibchen laufend neue Eizellen bis der vorhandene Vorrat aufgebraucht ist. Außerdem verändern sich bei Tieren, die sich noch nicht fortgepflanzt haben, die inneren Geschlechtsorgane. Dadurch werden die Weibchen oft schon in mittleren Jahren unfruchtbar.
Bedrohte Art: nur noch 7100 Geparden weltweit
Die einzigen verbliebenen wilden Geparden der asiatischen Art leben im Iran, mit Populationen von weniger als 30 Tieren. Diese seien zu klein, um Tiere für eine Umsiedlung abzuziehen, erklärte der indische Wildtierexperte MK Ranjitsinh. In Afrika leben hingegen noch etwa 6600 Tiere der Gesamtpopulation von 7100 Geparden weltweit. Die Chance, dass diese sich den sehr ähnlichen Lebensbedingungen in Indien anpassen können, sei hoch, sagt Marker.

„An der Umsiedlung hat ein Team von Experten aus aller Welt gearbeitet. Die Unterarten sind sich sehr ähnlich und der Gepard ist sehr anpassungsfähig. Die Vorteile überwiegen die Risiken“, sagt Marker. Es gehe dabei nicht nur darum, die Geparden in Indien einzuführen, sondern auch darum, eine weitere lebensfähige Population zu schaffen, die zum Überleben einer weltweit rückläufigen Art beiträgt, erklärt Marker.
In dem fünf bis sechs Quadratkilometer großen Gehege mit Beutetieren, in das sie nach ihrer Ankunft gelassen wurden, sollen die Geparden eine Zeit lang bleiben, sagt PK Verma, ein Mitarbeiter des Nationalparks. In die Gegend seien mehr als 200 Hirsche, Gazellen und Antilopen gebracht worden, damit es für die neuen Raubtiere genügend Beutetiere gibt.
Fünf bis zehn Jahre bis neue Population von Geparden in Indien entsteht
Ursprünglich wurden die Geparden in Indien 1952 für ausgestorben erklärt, nachdem sie früher im Zentrum und Süden des Landes weit verbreitet waren. Sie wurden dann aber gejagt und ihr Lebensraum und auch ihre Beutetiere verschwanden zunehmend. Inzwischen hat Indien das Jagen und Einfangen von Wildtieren verboten – außer wenn es dazu wissenschaftliche Gründe gibt oder die Tiere Menschenleben bedrohen.

Der Park, in dem die Geparden untergebracht werden, biete Platz für insgesamt rund 20 Geparden, sagt Jhala. So plant Indien, in den kommenden Jahren Dutzende weitere Geparden aus dem südlichen Afrika einzuführen, die dann auch in anderen Nationalparks leben könnten. Dass durch eine solche Umsiedlung rund die Hälfte sterben würden, sei nicht ungewöhnlich.
Auch Marker weist darauf hin, dass Erfolg nicht unbedingt sofort zu verzeichnen sei. „Es wird Zeit brauchen, um eine lebensfähige Population wiederherzustellen, wahrscheinlich fünf bis zehn Jahre“, sagt sie. Das Projekt sei jedoch ein „enorm wichtiger Schritt in die richtige Richtung“.