Gefälschte Hitler-Tagebücher im Bundesarchiv: Jetzt können sie alle einsehen!
Seit Jahren lagen die gefälschten Hitler-Tagebücher beim „Stern“ im Giftschrank. Nun werden sie zugänglich gemacht.

Jetzt ist es also so weit: 40 Jahre nach dem Medienskandal um die im der Zeitschrift „Stern“ veröffentlichten gefälschten Hitler-Tagebücher wird der Bertelsmann-Verlag diese an das Bundesarchiv übergeben. Das teilten das Unternehmen und das Bundesarchiv mit. Zuvor hatte der Verlag die Tagebücher weitestgehend unter Verschluss gehalten.
Gefälschte Hitler-Tagebücher gehen ans Bundesarchiv
„Wir freuen uns, dass das Bundesarchiv, das vor 40 Jahren bereits die Fälschung der Tagebuchkladden zweifelsfrei nachweisen konnte, nun auch deren Archivierung übernehmen wird“, erklärte Bertelsmann-Vorstandschef Thomas Rabe in Gütersloh. Für sein Unternehmen sei es ein weiterer „Schritt in einem auf Transparenz, Wissenschaftlichkeit und Unabhängigkeit ausgerichteten Umgang mit der Unternehmensgeschichte“. Die 60 Originalhefte sollen dort aufgrund ihres zeitgeschichtlichen Werts dauerhaft verwahrt und für wissenschaftliche Analysen zur Verfügung gestellt werden.
Das war zuvor nicht der Fall gewesen. Der NDR-Journalist John Goetz hatte zuvor mit zahlreichen Kolleginnen und Kollegen lange zu den gefälschten Hitler-Tagebüchern recherchiert und war nur über Umwege an die Texte gekommen. Aus der im Februar veröffentlichten Recherche ging hervor, dass der Fälscher Konrad Kujau offenbar in ein rechtsextremes Netzwerk eingebunden war, das mit den Tagebüchern versuchte, Adolf Hitler reinzuwaschen. In den Fake-Tagebüchern macht es den Eindruck, als hätte Hitler nichts vom Holocaust gewusst.
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Gefälschte Hitler-Tagebücher nun im Archiv zugänglich
Künftige Recherchen dürften nun leichter sein, jetzt da sie aus dem „Stern“-Giftschrank heraus und im Bundesarchiv einen neuen Platz gefunden haben. „Die gefälschten ‚Hitler-Tagebücher‘ sind als eigentümliche Zeugnisse der bundesrepublikanischen Zeitgeschichte im Bundesarchiv gut aufgehoben“, sagte Archivpräsident Michael Hollmann. Nach der Übergabe durch den Verlag würden sie am Standort Koblenz dauerhaft verwahrt.

Gefälschte Hitler-Tagebücher: So kamen sie in Umlauf
Die Veröffentlichung der vermeintlichen Hitler-Tagebücher gilt als eine der größten Medienaffären der bundesdeutschen Geschichte. Der „Stern“ stellte die Details der angeblichen historischen Sensation am 25. April 1983 auf einer Pressekonferenz vor. Nur wenige Tage später entlarvten Expertinnen und Experten die Hefte als Fälschungen, die aus der Nachkriegszeit stammten. Die Glaubwürdigkeit des „Stern“ litt schwer, führende Mitarbeiter mussten gehen.
Die angeblichen Hitler-Tagebücher waren einem „Stern“-Reporter unter falschem Namen von dem Fälscher Konrad Kujau für Millionenbeträge verkauft worden, vor der Veröffentlichung ließ der „Stern“ sie nicht genau genug überprüfen. Kujau wurde später wegen Betrugs zu einer viereinhalbjährigen Haftstrafe verurteilt.
Gefälschte Hitler-Tagebücher waren lange unter Verschluss
Bereits zum 30. Jahrestag des Skandals stellte der „Stern“ die Übergabe der über Jahre hinweg unter Verschluss gehaltenen Fälschungen an das Bundesarchiv in Aussicht. Dazu kam es nach Angaben der Behörde in der Folge aber nicht. Dies soll nun im Jahresverlauf nachgeholt werden. Das Bundesarchiv verfügt bisher lediglich über einzelne Kopien aus den Originalbänden der Hefte.
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Der Bertelsmann-Konzern, zu dem der „Stern“ gehört, lässt die Geschichte des Magazins nach eigenen Angaben seit dem vergangenen Jahr vom Münchner Institut für Zeitgeschichte unabhängig aufarbeiten. Dabei geht es eigentlich um das Wirken von „Stern“-Gründer Henri Nannen zwischen 1948 und 1983 sowie persönliche und inhaltliche Verflechtungen mit der NS-Zeit. Der Forschungsauftrag wurde später um die Episode der Hitler-Tagebücher erweitert.