Einer der Archäologen birgt eine Bronzestatue in San Casciano dei Bagni.
Einer der Archäologen birgt eine Bronzestatue in San Casciano dei Bagni. IMAGO / Xinhua

Dieser Fund schreibt Geschichte. Dieser Fund ist geborgene Geschichte. Die Entdeckung von 24 Bronzestatuen aus der Zeit der Etrusker und Römer in einem Thermalort in Italien begeistert Historiker und Archäologen. An einem Ort, den die Menschen vor mehr als 2000 Jahren aufsuchten, um Heilung von den Göttern zu erbitten und um in heiligem Wasser zu baden,  gelang der Sensationsfund. 

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2000 Jahre alte Statuen 

In den vergangenen Wochen hatten Forscher in San Casciano dei Bagni in der Region Toskana die teils fast einen Meter großen Statuen aus dem Schlamm und den heißen Thermalwassern geborgen, wo sie mehr als 2000 Jahre lang gelegen haben. Die Statuen wurden all die Jahrtausende durch den Schlamm und das bis zu 42 Grad heiße Wasser der Thermen geschützt. Einige von ihnen sind fast einen Meter hoch.

Auch Artefakte wie Münzen oder Votivgaben wurden in dem einstigen Heiligtum gefunden, jahrtausendelang ideal konserviert.

Jahrtausende unter luftdichten Bedingungen konserviert: Die Bronzen sind ein Sensationsfund. 
Jahrtausende unter luftdichten Bedingungen konserviert: Die Bronzen sind ein Sensationsfund.  dpa/Italian Culture Ministry

„Das ist eine Sensation“, sagte der Archäologe Dirk Steuernagel der dpa. „Einen so umfangreichen Komplex von Bronzeskulpturen unterschiedlichen Formats in einem zusammenhängenden Fund gab es meines Wissens bislang noch nie“, schilderte der Professor der Universität Regensburg und Experte für die Etrusker, die einst im heutigen nördlichen Mittelitalien lebten.

Die Ausgrabungsstätte in San Casciano dei Bagni soll Ort für ein neues Museum werden. 
Die Ausgrabungsstätte in San Casciano dei Bagni soll Ort für ein neues Museum werden.  Italian Culture Ministry/AP

Göttinnen und Götter, Feldherren und Kinder verewigt 

Die griechische Göttin der Gesundheit Hygieia mit einer Schlange um den Arm, daneben Apollon, aber auch Feldherren und sogar Kinder: Die Statuen und vor allem deren Zustand begeistern die Experten. „Die Entdeckung wird Geschichte schreiben“, sagte der für die Ausgrabungen verantwortliche Archäologe Jacopo Tabolli, als der Fund an diesem Dienstag öffentlich gemacht wurde. Italiens Kulturminister Gennaro Sangiuliano sprach von einem „Schatz“ und ließ es sich nicht nehmen, persönlich an dem Ort zwischen Rom und Florenz vorbeizuschauen.

Das Römische Reich wuchs gerade 

Die Statuen stammen den Angaben zufolge aus der Zeit zwischen dem 2. Jahrhundert vor und dem 1. Jahrhundert nach Christus. Damals waren die Römer gerade dabei, ihr Reich auszudehnen. Die etruskische Kultur ging irgendwann in der römischen auf. Historiker waren bislang schon davon überzeugt, dass dies ein fließender, kontinuierlicher Prozess gewesen war. „Mit diesem Fund wird dies allerdings erstmals spektakulär illustriert“, erklärte Steuernagel. „Das etruskische Heiligtum wurde nicht aufgegeben, sondern es traten römische Götter hinzu und auch römische Gebräuche wurden übernommen.“

Baden, beten und Orakeln lauschen. Die Heiltherme war ein Ort des Beisammensein im Dienste der Gesundheit. 
Baden, beten und Orakeln lauschen. Die Heiltherme war ein Ort des Beisammensein im Dienste der Gesundheit.  www.imago-images.de

Die Funde wurden in einem Brunnen des ehemaligen römisch-etruskischen Heiligtums gemacht.  Entdeckt wurden neben den Gottheiten auch bronzene Organe und Körperteile, etwa Beine, Gebärmütter oder Penisse, für die eine Heilung durch das Thermalwasser von den Göttern erbeten wurde.

Der Thermalort in der Toskana war laut Experten wohl eine Mischung aus Tempel und Kurort, an dem gebetet, gebadet und den Orakeln der Priester gelauscht worden ist. 

Museum am Fundort in der Toskana 

Neben den Statuen fanden die Archäologen auch noch rund 5000 Münzen in Gold, Silber und Bronze. All das kann nun studiert werden, direkt neben dem Fundort will das Kulturministerium einen Forschungsplatz und ein Museum für die Entdeckung von San Casciano einrichten. „Die Auswertung wird sehr spannend werden“, prognostizierte Steuernagel. Neben etruskischen Weih-Inschriften sind auf den Objekten auch lateinische Wörter oder Hinweise auf etruskische Familien.

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Aus der Antike sind kaum bronzene Skulpturen übrig geblieben, im Laufe der Jahrhunderte wurden die Metalle meist eingeschmolzen und wiederverwendet. Dieser Fund ist auch deshalb so außergewöhnlich. Massimo Osanna, der ehemalige Museumsleiter in Pompeji und inzwischen Chef der staatlichen Museen Italiens, sprach von „einem der wichtigsten Bronzefunde der Geschichte des Mittelmeerraums“.

Osanna erinnerte in dem Zusammenhang an die berühmten Bronzefiguren von Riace, einer der bedeutendsten Entdeckungen der Archäologie. Die zwei Statuen aus dem 5. Jahrhundert vor Christus waren 1972 vor Kalabrien im Meer gefunden worden. Sie gehören zu den wenigen noch erhaltenen, lebensgroßen Bronzestatuen aus der griechischen Antike.