Bald auch in Berlin?

Erster Verkehrsbetrieb zeigt Schwarzfahrer nicht mehr an

Die Düsseldorfer Rheinbahn verzichtet bei erwischten Schwarzfahrern auf eine Anzeige, kassiert nur noch 60 Euro Strafe. Ein Modell für Berlin?

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Schwarzfahren verboten: Ein Hinweisschild, aufgenommen an einer Straßenbahn in Berlin.
Schwarzfahren verboten: Ein Hinweisschild, aufgenommen an einer Straßenbahn in Berlin.Lukas Schulze/dpa

Schwarzfahren ist ein Massenphänomen. Mehr als 133.900 Fälle von „Erschleichen von Leistungen“ finden sich in der Polizeiliche Kriminalstatistik 2022. Im Großraum Düsseldorf sollten diese Fallzahlen 2023 aber deutlich sinken.

Denn die lokale Rheinbahn verzichte seit Juni auf Strafanzeigen wegen Fahrens ohne Fahrschein. Das berichtet die Rheinische Post und beruft sich dabei auf einen Unternehmenssprecher.

Nach monatelangem Hin und Her setzte das Verkehrsunternehmen einen Beschluss der lokalen Politik in Düsseldorf um. Auf die 60 Euro „erhöhtes Beförderungsentgelt“ will das Verkehrsunternehmen dagegen nicht verzichten.

Der Verkehrsbetrieb hielt sich nicht an den Beschluss des Stadtrates

Bisher war bei erwischten Schwarzfahrern eine Anzeige erstattet worden, wenn diese innerhalb von zwei Jahren dreimal ohne Fahrschein erwischt wurden. Doch im November 2022 hatte der Düsseldorfer Stadtrat entschieden, dass mit diesen Strafanzeigen für Schwarzfahrer in Zukunft Schluss sein soll. So weit, so gut.

Die Sache hatte nur einen Haken: Der Beschluss von Grünen, SPD, Linken, FDP und der Klima-Fraktion war für das stadteigene Unternehmen Rheinbahn nicht bindend – und der Verkehrsbetreib hielt sich nicht daran. Darauf erfolgte im Juni 2023 ein weiterer Antrag, der das kommunale Unternehmen formal dazu anwies. Dieser Beschluss wurde nun umgesetzt.

Der Straftatbestand der „Leistungserschleichung“ ist seit vielen Jahren umstritten

 Viele Initiativen setzen sich bundesweit für die Abschaffung des Straftatsbestandes „Leistungserschleichung“  ein. Sie erklären, dass durch entsprechende Gerichtsurteile arme Menschen sogar deshalb ins Gefängnis müssten, da sie die Geldstrafen nicht zahlen könnten. Häufig handele es sich dabei um Obdachlose, Arbeitslose oder Drogenabhängige. Zudem würde ein ähnliches Falschverhalten mit dem Auto, zum Beispiel Falschparken oder Fahren unter Alkoholeinfluss, deutlich milder bestraft.

Die Verkehrsunternehmen wehren sich dagegen massiv gegen eine Abschaffung der Strafverfolgung. Sie betonen  die Fairness gegenüber den zahlenden Fahrgästen.

Die Ampelkoalition im Bund hat bereits angekündigt, den Straftatbestand zu überprüfen, bisher allerdings ohne konkretes Ergebnis. Auch in Berlin wird die Abschaffung seit längerer Zeit kontrovers diskutiert.