Plündereien, Gewalt, Chaos

Harte Strafen für Randalierer der Stuttgarter Krawallnacht

Rund fünf Monate nach der Stuttgarter Krawallnacht muss ein junger Randalierer wegen seiner Teilnahme an dem nächtlichen Gewaltausbruch ins Gefängnis.

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Der Angeklagte im ersten öffentlichen Prozess um die Stuttgarter Krawallnacht im Amtsgericht Stuttgart.
Der Angeklagte im ersten öffentlichen Prozess um die Stuttgarter Krawallnacht im Amtsgericht Stuttgart.Marijan Murat/dpa

Stuttgart - Plündereien, Gewalt, Chaos - Randalierer und Krawallmacher heben den Stuttgarter Alltag in einer Juni-Nacht aus den Angeln. Die Politik kommt in Erklärungsnot, nun ist die Justiz am Zug. Und sie scheint ein Zeichen setzen zu wollen beim ersten öffentlichen Urteil.

Rund fünf Monate nach der Stuttgarter Krawallnacht müssen zwei junge Randalierer wegen Teilnahme an dem nächtlichen Gewaltausbruch ins Gefängnis. Das Amtsgericht Stuttgart verurteilte am Dienstag einen 18-Jährigen aus dem württembergischen Gaildorf im ersten öffentlichen Prozess zur Krawallnacht wegen besonders schweren Landfriedensbruchs zu einer überraschend harten Jugendstrafe von zweieinhalb Jahren Haft.

Auch in einem zweiten Prozess gegen einen bereits vorbestraften 19-Jährigen, der Scheiben eines Polizeiautos  zerstört hatte, wurde eine Jugendstrafe von zweieinhalb Jahren verhängt. Nicht entschieden ist bislang, ob die Verteidigung wie im ersten Fall ebenfalls in die Berufung geht.

18-Jähriger schlug Scheibe an Polizeiauto ein

Der 18-Jährige hatte zuvor vor dem Jugendschöffengericht eingeräumt, während der nächtlichen Krawalle die Heckscheibe eines Polizeiautos eingeschlagen und zwei Seitenscheiben zertrümmert zu haben. Das Urteil liegt deutlich über den Forderungen von Staatsanwaltschaft und Verteidigung, die sich für eine Bewährungsstrafe ausgesprochen hatten.

Anwalt Marc Reschke kündigte umgehend an, Berufung einzulegen. «Das Urteil ist nicht akzeptabel, mein Mandant ist entsetzt», sagte er. Die Tat sei zwar «eine große Dummheit» gewesen, die Strafe dafür aber unverhältnismäßig. Sie müsse nun als Richtschnur für die kommenden Verfahren zur Krawallnacht gesehen werden.

Dagegen betonte Gerichtssprecherin Monika Rudolph, mit dem Urteil werde keineswegs ein Exempel statuiert. Am Nachmittag sollte in Stuttgart ein weiteres Verfahren wegen der Krawallnacht beginnen. Insgesamt erwartet das Amtsgericht dazu bis zu 100 Prozesse.

In der Krawallnacht im Juni 2020 hatten Randalierer auch Geschäfte in der Stuttgarter Innenstadt geplündert.  
In der Krawallnacht im Juni 2020 hatten Randalierer auch Geschäfte in der Stuttgarter Innenstadt geplündert. Julian Rettig/dpa

Bei den nächtlichen Auseinandersetzungen im Juni hatten Dutzende vor allem junge Männer in der Stuttgarter Innenstadt randaliert. Es wurden zahlreiche Beamte verletzt und Schaufenster zerstört. Die Vorfälle sorgten weit über Stuttgart hinaus für Schlagzeilen und hitzige Debatten. Bislang wurden rund 100 Tatverdächtige ermittelt, die in der Nacht an den Krawallen beteiligt gewesen sein sollen. Auf Handyvideos ist auch die Tat des nun angeklagten 18-Jährige deutlich zu erkennen.

Er habe sich in der Juni-Nacht von der aufgeheizten, grölenden Menge mitreißen lassen, sagte der junge Mann im Prozess aus. «Ich habe das gar nicht durchdacht.» Erst Tage nach den Krawallen war der Auszubildende mitten in der Nacht in der Stuttgarter Innenstadt von einem Polizisten in Zivil wiedererkannt worden.

Die Deutsche Polizeigewerkschaft begrüßte die Haftstrafe. «Dieses Urteil ist ein klares und deutliches Signal und wird zur Abschreckung beitragen», sagte der Landesvorsitzende Ralf Kusterer der Deutschen Presse-Agentur. «Wer Straftaten begeht, muss dafür die Härte des Gesetzes spüren.» Dazu werde der Strafrahmen ausgeschöpft. Die Höhe der Strafe sei wesentlich zur Vermeidung von Gewalt und Kriminalität, sagte Kusterer.