Mehr als 2100 Tote

Erdbeben in Marokko: Verzweifelte Suche nach Überlebenden

Die verängstigten Menschen in Marokkos Katastrophengebieten haben die zweite Nacht in Sorge und Trauer über die vielen Todesopfer des Erdbebens verbracht. Hilfskräfte stehen in den Startlöchern.

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Rettungssanitäter im Dorf Moulay Brahim, südlich von Marrakesch. 
Rettungssanitäter im Dorf Moulay Brahim, südlich von Marrakesch. Mosa'ab Elshamy/AP/dpa

Nach dem verheerenden Erdbeben in Marokko ist die Zahl der bestätigten Toten auf 2122 gestiegen. Wie das marokkanische Innenministerium am Samstagnachmittag mitteilte, wurden mindestens 2421 Menschen verletzt. Rettungs- und Bergungskräfte suchen in den Unglücksgebieten weiter nach Überlebenden. Die Helfer kommen aber in den teilweise abgelegenen Bergregionen nur mit Mühe voran.

„Einige der am schlimmsten betroffenen Gebiete sind recht abgelegen und bergig und daher schwer zu erreichen“, teilte die Internationale Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften (IFRC) mit. Die marokkanische Nachrichtenseite Hespress berichtete am Sonntag, dass ein Einsatzteam aus Spanien mit Hunden inzwischen in Marokko eingetroffen sei, um die Such- und Rettungskräfte zu unterstützen.

Die Trümmer eines beschädigten Gebäudes in der Nähe von Marrakesch.
Die Trümmer eines beschädigten Gebäudes in der Nähe von Marrakesch.Saouri Aissa/Xinhua/dpa

Derweil stehen auch in Deutschland und anderen Ländern Hilfskräfte einsatzbereit. Laut der Weltgesundheitsorganisation WHO sind mehr als 300.000 Menschen in Marrakesch und umliegenden Gebieten vom Erdbeben betroffen. Sie verbrachten die zweite Nacht in Unsicherheit und Trauer. Die Zahl der Toten stieg nach Angaben marokkanischer Behörden auf inzwischen 2012. Mindestens 2421 weitere Menschen wurden verletzt, mehr als die Hälfte davon schwer, wie marokkanische Medien unter Berufung auf das Innenministerium berichteten.

Das Beben vom späten Freitagabend war das schlimmste seit Jahrzehnten in Marokko. König Mohammed VI. ordnete eine dreitägige Staatstrauer an. Auch die Staats- und Regierungschefs der EU boten in einem Brief an den König ihre Hilfe an und drückten ihre Anteilnahme aus. „Als enge Freunde und Partner Marokkos sind wir bereit, Ihnen in jeder Weise zu helfen, die Sie für nützlich halten“, heißt es darin. Die Bundesregierung prüft, ob in den Katastrophengebieten auch Deutsche unter den Opfern sind. Derzeit lägen keine Kenntnisse darüber vor, hieß es am Samstagnachmittag aus dem Auswärtigen Amt in Berlin.

Am Sonntagmorgen hat es in Marokko ein Nachbeben gegeben. Nach Angaben der US-Erdbebenwarte USGS hatte es eine Stärke von 3,9, laut der marokkanischen Nachrichtenseite Hespress wurde eine Stärke von 4,5 verzeichnet.

Ein beschädigtes Hotel im Dorf Moulay Brahim, nahe dem Epizentrum des Erdbebens, außerhalb von Marrakesch. 
Ein beschädigtes Hotel im Dorf Moulay Brahim, nahe dem Epizentrum des Erdbebens, außerhalb von Marrakesch. Mosa'ab Elshamy/AP/dpa

Erbeben in Marokko im Umkreis von 400 Kilometern zu spüren

Es wird unterdessen befürchtet, dass die Zahl der Opfer weiter steigt, wenn Einsatzkräfte entlegene Regionen erreichen. Das ganze Ausmaß der Katastrophe war daher zunächst ungewiss. „Meine Frau, meine Kinder und ich versuchten, das Haus zu verlassen, aber meine kleine Tochter und mein Vater, der 102 Jahre alt ist, blieben. Ich habe versucht, zurückzugehen, um sie herauszuholen, aber vergeblich, mein Vater und meine Tochter sind dort gestorben“, schilderte ein Überlebender in der Stadt Imintanoute der Nachrichtenseite Hespress.

Marrakesch: Familien sitzen vor ihren zerstörten Häusern. 
Marrakesch: Familien sitzen vor ihren zerstörten Häusern. Mosa'ab Elshamy/AP/dpa

Das Epizentrum lag gut 70 Kilometer südwestlich von Marrakesch im Atlasgebirge. Dort liegen Ortschaften entlang steiler und kurvenreicher Serpentinen. Da Erdbeben in Nordafrika relativ selten auftreten, sind Gebäude nach Einschätzung von Experten nicht robust genug gebaut, um solchen starken Erschütterungen standzuhalten. 

Das Beben sei in einem Umkreis von 400 Kilometern zu spüren gewesen, sagte Nasser Jabour, Leiter einer Abteilung des Nationalen Instituts für Geophysik, der marokkanischen Nachrichtenagentur MAP. Es dauerte mehrere Sekunden an.