Rauch steigt auf, während Feuerwehrleute und Rettungskräfte nach dem Zusammenstoß zweier Züge in Griechenland nahe Larisa im Einsatz sind.
Rauch steigt auf, während Feuerwehrleute und Rettungskräfte nach dem Zusammenstoß zweier Züge in Griechenland nahe Larisa im Einsatz sind. Vaggelis Kousioras/AP

Ein Zug-Waggon hängt schräg von den Schienen. Rauch steigt auf. Verzweifelt suchen Retter nach Überlebenden – und bergen eine Leiche nach der anderen. Es sind schreckliche Szenen, die sich in der Nacht zu Mittwoch in Griechenland abgespielt haben. Auf der Strecke zwischen Athen und Thessaloniki sind zwei Züge kollidiert. Mindestens 38 Menschen kamen ums Leben. Es werden wohl mehr sein, sagte ein Sprecher. Noch immer seien Menschen vermisst unter den Trümmern.

Regierungschef Kyriakos Mitsotakis hat das Unglück auf menschliches Versagen zurückgeführt. „Alles weist darauf hin, dass das Drama, traurigerweise, hauptsächlich aufgrund eines tragischen menschlichen Fehlers“ passiert sei, sagte Mitsotakis am Mittwoch in einer Fernsehansprache. Bei dem schlimmsten Zugunglück in der Geschichte Griechenlands wurden dutzende Menschen verletzt, mehrere weitere wurden am Mittwochabend noch vermisst.

Verkehrsminister Kostas Karamanlis erklärte wenige Stunden nach dem Unglück seinen Rücktritt. „Wenn etwas so Tragisches passiert, können wir nicht weitermachen, als sei nichts passiert“, erklärte Karamanlis.

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Was war passiert? In der Hauptstadt Athen war um 19.22 Uhr ein Personenzug, der Intercity 62, gestartet. Bei vielen der Passagiere soll es sich um junge Leute gehandelt haben, Studierende, die nach einem verlängerten Wochenende wegen eines Feiertags nun auf dem Weg zur Universität von Thessaloniki waren. Aus der nordgriechischen Hafenstadt Thessaloniki war in entgegengesetzter Richtung ein Güterzug auf der Strecke unterwegs.

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Dann die Tragödie. Die Züge rasen aufeinander zu, kollidieren, entgleisen durch die Wucht des Aufpralls. Ein Feuer bricht aus. Mindestens ein Waggon hängt quer in der Luft. Es qualmt. In Panik schlagen Menschen die Scheiben ein, die nicht sowieso durch die Wucht des Aufpralls zerborsten sind.

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Rettungskräfte tragen nach einem Zugunglück in Griechenland in der Nähe von Larisa eine Leiche aus den Trümmern.
Rettungskräfte tragen nach einem Zugunglück in Griechenland in der Nähe von Larisa eine Leiche aus den Trümmern. Sakis Mitrolidis/AFP

Rettungsaktion nach Zugunglück in Griechenland dauert an

Ein Überlebender erzählt später, im Personenzug sei nach dem Zusammenstoß Feuer ausgebrochen. „Es herrschte Chaos und ein Höllenlärm“, so der junge Mann im Staatsfernsehen. Und: „Wir haben mit unseren Koffern die Fensterscheiben eingedrückt und sind in der Dunkelheit tastend aus unserem Waggon rausgegangen.“

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Ein anderer Passagier erklärt: „Ich ging nach vorn und sah den schlimmsten Teil der Kollision. Der ganze Zug hatte sich um 90 Grad verbogen, war über die Klippe gestürzt und hing zur Hälfte in der Luft und das Ganze brannte. Es gab genau da, wo ich war, fünf Verletzte.“

Ein anderer Zuginsasse zeigte sich völlig geschockt: „Ich bin nicht verletzt, aber ich habe Blutflecken von anderen Menschen, die neben mir verletzt wurden.“

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Das griechische Fernsehen zeigte Videos von der Unglücksstelle in Mittelgriechenland. Feuerwehrleute und Rettungskräfte versuchten, in den Trümmern Überlebende zu finden. „Die Such- und Rettungsaktion dauert an“, sagte ein Sprecher der Feuerwehr in der Nacht.

Bei einem Zugunglück zwischen den griechischen Städten Athen und Thessaloniki kamen mindestens 38 Menschen ums Leben. Überlebende wurden mit Wärmedecken versorgt.
Bei einem Zugunglück zwischen den griechischen Städten Athen und Thessaloniki kamen mindestens 38 Menschen ums Leben. Überlebende wurden mit Wärmedecken versorgt. Vaggelis Kousioras/AP

370 Menschen in Zugunglück in Griechenland involviert

An Bord der Züge sollen 350 Reisende und 20 Eisenbahner gewesen sein, wie es im Staatsfernsehen hieß. Neben den Todesopfern gäbe es mindestens 66 Verletzte, einige von ihnen schwer. „Die meisten Verletzten haben Kopfverletzungen, gebrochene Becken, Arme und Beine. Es gibt leider zahlreiche Menschen, die noch in den Trümmern sind“, sagte ein Mitglied eines Rettungsteams Reportern vor Ort.

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„Es war ein sehr starker Zusammenstoß. Dies ist eine schreckliche Nacht. Es ist schwer, die Szene zu beschreiben“, sagte Konstantinos Agorastos, Gouverneur der Region Zentralthessalien gegenüber dem staatlichen Fernsehen. Griechische Medien sprachen vom „schlimmsten Zugunfall in der Geschichte des Landes“. An den Rettungsarbeiten beteiligten sich 150 Einsatzkräfte, 40 Rettungswagen waren im Einsatz. Auch Kräne wurden zum Unglücksort geschickt.

Bei Tagesanbruch wird das Ausmaß des schweren Unglücks erst deutlich: Die Unfallstelle gleicht einem Trümmerfeld, die vorderen Waggons beider Züge wurden durch den Aufprall geradezu zusammengefaltet.
Bei Tagesanbruch wird das Ausmaß des schweren Unglücks erst deutlich: Die Unfallstelle gleicht einem Trümmerfeld, die vorderen Waggons beider Züge wurden durch den Aufprall geradezu zusammengefaltet. Sakis Mitrolidis/AFP

Am Bahnhof der nordgriechischen Hafenstadt Thessaloniki versammelten sich derweil schon nachts verzweifelte Angehörige, Telefon-Hotlines wurden eingerichtet. Viele der Toten können Berichten zufolge nur per DNA-Test identifiziert werden. Rund 200 Passagiere, die nicht oder nur leicht verletzt wurden, wurden vom Unglücksort mit Bussen ins 150 Kilometer weit entfernte Thessaloniki gebracht. Manche Angehörige aber warteten vergebens.

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Die Strecke, die Athen mit der nordgriechischen Hafenstadt Thessaloniki verbindet, war in den vergangenen Jahren modernisiert worden. Die griechischen Bahnen (Hellenic Train) werden von der italienischen Staatsbahn Ferrovie dello Stato Italiane (FS) betrieben. Eisenbahner sagten dem griechischen Sender Real FM, es gebe trotz der Modernisierung erhebliche Probleme bei der elektrischen Koordination der Verkehrskontrolle.

Rettungsarbeiten am Unfallort des schrecklichen Zugunglücks in Griechenland. Die vorderen Waggons beider Züge wurden durch den Aufprall geradezu zusammengefaltet.
Rettungsarbeiten am Unfallort des schrecklichen Zugunglücks in Griechenland. Die vorderen Waggons beider Züge wurden durch den Aufprall geradezu zusammengefaltet. Vaggelis Kousioras/AP

Wie also ist es möglich, dass der Intercity auf demselben Schienenstrang wie der entgegenkommende Güterzug unterwegs war, obwohl die Strecke zweispurig ausgebaut ist? Der für den Abschnitt zuständige Eisenbahnchef sei bereits festgenommen worden, hieß es im Staatsfernsehen. Andere Eisenbahner und Techniker würden befragt. Die Verkehrsbehörde der nahe gelegenen Stadt Larisa hat mit Ermittlungen zur Unfallursache begonnen. Viele anknüpfende Bahnstrecken wurden für den Zugverkehr vorerst gesperrt.