Blisterpackung mit einer Antibabypille ibxmwi00158452
Blisterpackung mit einer Antibabypille ibxmwi00158452 Foto: Imago-Images/Michael Weber

Einfach, unkompliziert, zuverlässig: Als 1960 die erste Antibabypille „Enovid“ in den Vereinigten Staaten auf den Markt kam, eröffneten sich für Frauen neue Möglichkeiten. Beim Verhüten, aber längst nicht nur. Pessare, Kondome oder abenteuerlichere Methoden? Für viele nun passé: Die Pille habe das Konzept von Empfängnisverhütung neu definiert, heißt es in einer medizinhistorischen Studie. Mit der Studentenbewegung und der sexuellen Revolution in den 1970er-Jahren wurde sie auch zum Symbol des gesellschaftlichen Wandels.

Bereits seit 1957 war „Enovid“ für die Behandlung gynäkologischer Beschwerden zugelassen. Nach Tests unter anderem in Puerto Rico, die heutige Standards nicht erfüllen würden, wurde das Mittel zur Verhütung zugelassen. Frauenrechtlerinnen hatten den Anstoß für die Forschung gegeben, sagt die Medizinhistorikerin Lisa Malich von der Universität Lübeck. Beim Verkaufsstart in Deutschland im Jahr 1961 hieß das Produkt „Anovlar“ und wurde nur an verheiratete Frauen abgegeben.

Das Präparat „Enovid“ gilt als erste Antibabypille der Welt.
Das Präparat „Enovid“ gilt als erste Antibabypille der Welt. Foto: dpa/Museum für Verhütung und Schwangerschaftsabbruch Wien

Vor allem Männer sahen in ihr das erste „Lifestyle-Medikament“ der Geschichte, doch das würde die Bedeutung der Verhütung für Frauen unterschätzen, so Malich. Risiken bei damaligen Abtreibungen waren schließlich auch einer der Faktoren für die Pillen-Entwicklung. Heute gibt es eine Vielzahl an Präparaten. Meist wird eine Kombination zweier künstlich hergestellter Hormone genutzt, die den körpereigenen Hormonen Östrogen und Gestagen ähneln. Sie bewirken, dass im Körper kein weiteres Ei heranreift und der Gebärmuttermund mit festem Schleim verschlossen wird, sodass es für Spermien kein Durchkommen gibt.

Doch die Nebenwirkungen sind beträchtlich: Das Hormon Östrogen erhöht das Risiko für Thrombosen und Lungenembolien und löst zudem Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, Wassereinlagerungen oder Zwischenblutungen aus. Malich zufolge hat sich auch wegen der Pille eine Frauengesundheitsbewegung entwickelt: Themen wie Abtreibung, Pillen-Nebenwirkungen, Thrombose-Risiko und gefürchtete Folgen wie Krebs kamen öffentlich zur Sprache.

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Die heutige Kritik kommt vor allem von jüngeren Frauen, denen ein ökologisches Leben wichtig ist. Aber auch Technologien, die durch die Bestimmung des Eisprungs bei der Verhütung helfen sollen, spielten eine Rolle. In den vergangenen Jahren seien häufiger Spiralen eingesetzt worden als früher, weil es inzwischen kleinere, auch für junge Mädchen verträglichere Modelle gebe, so Christian Albring, Präsident des Berufsverbands der Frauenärzte. „Dass die Pille als Verhütungsmittel komplett durch andere Methoden ersetzt und abgelöst werden könnte, ist nicht abzusehen.“ Es gebe keine derartig zuverlässigen und alltagstauglichen Alternativen. Manche Kritiker würden ergänzen: Insbesondere fehlt noch die Pille für den Mann.