Ein Bild aus vergangenen Tagen: Kamele des Zirkus Paul Busch in den Ederauen im März 2020. 
Ein Bild aus vergangenen Tagen: Kamele des Zirkus Paul Busch in den Ederauen im März 2020.  Foto: Uwe Zucchi/dpa

Mit „Adventszauber“, Winter- und Weihnachtsprogrammen verdienen viele Zirkusunternehmen im Dezember Geld – auch dieses Jahr, obwohl es gar keine Vorstellungen gibt. Denn der Bund beschert ihnen November- und Dezemberhilfen, 75 Prozent des Umsatzes im letzten Jahr bekämen sie ersetzt, sagt Ralf Huppertz, Vorsitzender des Branchenverbands VdCU. „Fast alle großen Zirkusse haben Weihnachtszirkus gemacht.“ Ihre Lage verbessere sich jetzt.

Das scheint auch dringend nötig. Europas größter, der Circus Krone in München, hat immer noch rund 100 Mitarbeiter, muss über 40 Pferde und 23 Löwen füttern, Strom und Versicherungen bezahlen. Die laufenden Kosten hat er zwar von einer Million Euro im Monat auf ein Drittel gedrückt, Kurzarbeitergeld und Überbrückungsgelder helfen. „Aber auch große Rücklagen sind irgendwann mal weg. Und auf diesem Wege sind wir“, sagt Krone-Manager Frank Keller.

Lesen Sie auch: Zirkus in der Lockdown-Krise: Warten auf ein Weihnachtswunder >>

Zirkus-Verbandschef Huppertz würde mit seinem Winterzirkus in Schwerin und Rostock in zwei Wochen 350.000 Euro Umsatz machen. Mit den bevorstehenden Bundeshilfen könne er nicht nur die Fixkosten decken, es bleibe sogar einiges übrig, um den bis Oktober entstandenen Fehlbetrag von 270.000 Euro zu drücken: „Dann sind wir vielleicht nur noch 100.000 im Minus.“

Schlechter stehe es um die kleinen Familienbetriebe. Corona-Hilfen konnten bisher nur über Steuerberater beantragt werden – den viele gar nicht hatten. Immerhin solle das jetzt geändert werden, und sie könnten für die Novemberhilfe auch ihren durchschnittlichen Monatsumsatz angeben. „Das ist nicht die Welt“, aber Hartz IV und Spenden aus der Bevölkerung hätten ihnen geholfen. Bisher habe noch keiner Insolvenz angemeldet. 

Mehr aktuelle Nachrichten und Geschichten aus dem Ressort Panorama finden Sie hier >>

Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner: „Wildtiere gehören nicht in die Manege“

Was fehle, sei eine Perspektive. „Im Moment kann kein Zirkus eine Saison planen.“ Und Krone und einigen anderen steht 2021 zusätzlich Gegenwind ins Haus. Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner sagt: „Wildtiere gehören nicht in die Manege.“

In einem ersten Schritt will sie per Verordnung verbieten, Elefanten, Giraffen, Nashörner, Flusspferde, Affen oder Bären neu anzuschaffen. Sie habe aber das „klare Ziel, das jetzt vorgelegte Verbot auf andere Wildtierarten auszuweiten“. Laut Gesetz müsste sie dafür nachweisen, dass zum Beispiel Löwen im Zirkus erheblich leiden – und da wird es schwierig. Das sei rechtssicher nicht zu begründen, erklärte sie.

„Wählerfang kurz vor der Bundestagswahl“, sagt Krone-Manager Keller. Das Thema Tierschutz sei ja sehr emotional. Krone hat vier Elefanten, drei Tiger und 23 Löwen im Programm. „Alle unsere Raubtiere sind bereits seit Generationen bei uns geboren, groß und vor allem sehr alt geworden.“ Artisten, Clowns und Tiere gehörten im Zirkus dazu, „genau das erwartet unser Publikum von uns“.

Lesen Sie auch: Strengere Tierschutzregeln: Bundesregierung will Giraffen, Elefanten und Bären im Zirkus verbieten! >>

Klöckner hat den Verbotsentwurf im November vorgelegt, an diesem Freitag (18.12.) endet für die Verbände die Frist zur Stellungnahme. Aber die Argumente sind seit einer Anhörung im Bundestag Ende 2019 ohnehin bekannt.

Der Zirkusbetrieb mit häufigen Transporten, beengten Gehegen und wenig Auslauf belaste die Tiere sehr, sagen die Tierschutzverbände. Bei den meisten der genannten Tierarten gaben ihnen die angehörten Experten auch recht – aber bei Elefantenkühen waren die Meinungen geteilt.

Der langjährige Frankfurter Zoodirektor Manfred Niekisch sagte, für Wildtiere sei eine Haltung wie in der Natur teilweise gar nicht wünschenswert, denn dazu gehören „Hunger, Durst, Unfälle, Krankheiten, Kämpfe“. Entscheidend sei, das individuelle Tierwohl zu gewährleisten. Im Zirkus sei das aber oft grundsätzlich gar nicht möglich – auch bei Elefanten und Großkatzen nicht.

Lesen Sie auch: Futterknappheit wegen Corona: Hungriges Zirkus-Kamel beißt Frau in Klinik >>

Der Verhaltensbiologe Immanuel Birmelin warnte davor, „alles über einen Kamm“ zu scheren. Er habe das Verhalten von Löwen in Afrika und im Zirkus studiert und ihre Stresshormone gemessen. Sein Fazit: Beim richtigen Umgang mit diesen Tieren im Zirkus gäbe es „überhaupt gar kein Problem“. Für die Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz (TVT) sagte der Amtstierarzt Jörg Pfeiffer, dass „Elefantenkühe, Löwen und Tiger durchaus im Zirkus verhaltensgerecht gehalten werden können“.

Huppertz sagt, Klöckners Verordnung sei aus Sicht des Zirkusverbands nicht haltbar. Wenn sie demnächst kommt? „Wir würden dann klagen.“