Covid-19 : Das Rätsel um die deutschen Todeszahlen
Warum sterben im Vergleich zu anderen Ländern bei uns weniger Patienten am Coronavirus?

Vergleicht man die weltweiten Zahlen zur Corona-Pandemie, sterben demnach in Deutschland bislang weniger Menschen an Covid-19 als in anderen Ländern. Ausländische Medien wie die „New York Times“ rätselten bereits über die „deutsche Ausnahme“. Was ist bei uns anders?
Nach den Zahlen der amerikanischen Johns-Hopkins-Universität vom Montag hat Deutschland eine Sterberate bei den Infizierten von 2,5 Prozent, in Frankreich liegt sie bei fast 11 Prozent, in Italien und bei den Briten sind es an die 13 Prozent. Mögliche Gründe für die Differenz:
Das Alter der Erkrankten: Sie sind in Deutschland jünger als in anderen Ländern, das Durchschnittsalter liegt derzeit bei 49 Jahren, wie Lothar Wieler, Chef des Robert-Koch-Instituts am Dienstag mitteilte. Zum Vergleich: In Italien sind Erkrankte im Schnitt 62 Jahre. Bei uns waren zunächst eher junge und sportliche Menschen betroffen, viele hatten sich in österreichischen und italienischen Wintersportorten angesteckt. Corona habe in Deutschland „als eine Epidemie von Skifahrern“ begonnen, sagte Hans-Georg Kräusslich, Leiter der Virologie am Uniklinikum in Heidelberg, der „New York Times“. Bei jungen und damit meist gesunden Patienten nimmt die Infektion einen milderen Verlauf. Doch inzwischen sind immer mehr Ältere infiziert, deshalb wird auch bei uns wohl bald mit einer höheren Todesrate zu rechnen sein.
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Mehr Tests: In Deutschland wurde schon früh und auch weit mehr auf das neue Coronavirus getestet als in anderen Ländern. Dadurch werden mehr Infizierte erfasst, die keine oder nur milde Symptome haben. In Italien, Spanien und auch den USA werden dagegen vor allem schwer erkrankte Patienten getestet, die somit auch eine höhere Sterbewahrscheinlichkeit haben. Insgesamt ist dadurch die Todesrate höher. Ein Ländervergleich ist gerade in diesem Punkt mit Vorsicht zu betrachten.
Gesundheitssystem: Deutsche Krankenhäuser verfügen über eine hohe Zahl an Intensivbetten, 40.000 sollen es inzwischen sein. Auch beim allgemeinen Bettenbestand der Krankenhäuser liegt Deutschland vorn. Zum Vergleich: 800 Krankenhausbetten pro 100.000 Einwohner gibt es bei uns, in Italien sind es rund 320, in Spanien weniger als 300. Gute medizinische Versorgung erhöht die Überlebenschancen von Schwererkrankten. Allerdings nützen die Betten nur, wenn es dazu auch ausreichend medizinisches Personal gibt.
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Vertrauen in die Regierung: Ein etwas überraschendes Argument, das die „New York Times“ anführte: die Bundeskanzlerin. Die niedrigere Todesrate habe auch etwas mit dem Vertrauen der Deutschen in ihre Regierung zu tun. „Frau Merkel, eine ausgebildete Wissenschaftlerin, hat während der Krise klar, ruhig und regelmäßig kommuniziert, als sie dem Land immer strengere soziale Distanzierungsmaßnahmen auferlegte“, hieß es. Dadurch hätten die Bürger die Einschränkungen akzeptiert und weitgehend befolgt, was bei der Verlangsamung der Verbreitung der Epidemie eine große Bedeutung hatte.