Ein Blick auf die Intensivstation der Charité. (Symbolfoto)
Ein Blick auf die Intensivstation der Charité. (Symbolfoto) dpa/Docdays

Seit drei Jahren leben wir nun mit der Corona-Pandemie. Derzeit befinden wir uns im Übergang von der Pandemie in die endemische Phase. Die Wissenschaft hat das Virus derzeit aber weiter genau im Blick: Gibt es Varianten, die es doch wieder gefährlich machen. Und es wird auch zurückgeschaut. Darauf, welche Maßnahmen gut geholfen hatten und welche in der Rückschau als weniger erfolgreich angesehen werden, wie beispielsweise die lange Dauer der Kita-Schließungen.

Neue Untersuchungen richten sich aber auf einen anderen Bereich - nämlich darauf, seit wann das aus dem chinesischen Wuhan stammende Virus Sars-CoV-2 in Deutschland zirkuliert. Bislang gilt ein Mann, der am 27. Januar 2019 positiv auf das Virus getestet wurde, als Deutscher Patient Null. Er arbeitete für den Autozulieferer und soll sich bei einer chinesischen Kollegin angesteckt haben. Doch eine Veröffentlichung der Berliner Charité spricht nun dafür, dass das Coronavirus bereits Ende 2019 in Deutschland präsent gewesen ist. 

Lesen Sie auch: Unwetterwarnung! Deutscher Wetterdienst warnt vor Starkregen und Erdrutschen >>

Erster deutscher Corona-Fall doch in Berlin?

Im „Journal of Medical Case Reports“ berichteten die Charité-Wissenschaftler Antonia Petersen, Sebastian Nagel, Bernd Hamm und Matthias Taupitz von einem 71 Jahre alten Mann, der am 30. Dezember 2019 in das Berliner Krankenhaus eingeliefert wurde. Ein CT-Befund seiner Lunge deutete auf eine atypische Pneumonie hin: Reizhusten ohne Auswurf und meistens Atemnot.

Mit dem heutigen Wissen erkennen die Wissenschaftler bei diesem Mann charakteristische Symptome einer Covid-19-Infektion. Wir diagnostizierten eine atypische Lungenentzündung, einschließlich Viren als möglicher ursächlicher Erreger“, heißt es in der Veröffentlichung. 

Der Patient war übergewichtig, Raucher und hatte in der Vergangenheit einen Schlaganfall erlitten. Im Dezember 2019 vermuteten die Ärzte eine Infektion mit Legionellen und Streptokokken. Eine genaue Suche nach dem Erreger gab es noch nicht. Und das hat einen Grund: Denn China meldete die Entdeckung einer mysteriösen Lungenkrankheit erst einen Tag nach der Einlieferung des 71-Jährigen, am 31. Dezember 2019, an die Weltgesundheitsorganisation WHO.

Corona schon 2019 in Deutschland? Patient könnte Familienmitglied angesteckt haben

Der 71-Jährige wurde in der Charité intubiert, erhielt Sauerstoff, wurde am 28. Januar 2020 entlassen, allerdings nicht vollständig gesund. Sein Hirngewebe war beschädigt. Er starb im April 2020. Zuvor, als er noch im Krankenhaus gelegen hatte, soll er aber unter Umständen noch ein Familienmitglied angesteckt haben. Wie es in dem Paper heißt, bekam ein Familienmitglied nach dem Besuch in der Klinik hohes Fieber, das mehrere Tage anhielt. Untersucht wurde das jedoch nicht. 

Lesen Sie auch: Diskriminierung durch Berliner Behörden: Immer mehr Fälle werden gemeldet >>

Noch immer werden zahlreiche Menschen in Deutschland mit einer Corona-Infektion auf Intensivstationen behandelt. 
Noch immer werden zahlreiche Menschen in Deutschland mit einer Corona-Infektion auf Intensivstationen behandelt.  Boris Rössler/dpa

Zusammenfassend halten die Wissenschaftler fest, dass der Fall des 71-Jährigen ein Hinweis darauf ist, dass das Coronavirus sich bereits im Dezember in Deutschland ausgebreitet hat. Diese Ergebnis passt zu Abwasserproben in den italienischen Städten Mailand und Turin. Dort hatte man bereits am 18. Dezember Spuren von Sars-CoV-2 gefunden.

Lesen Sie auch: Hackescher Markt soll Fußgängerzone werden: BVV Mitte macht jetzt ernst! >>

Es wäre ein weiteres Indiz dafür, dass die chinesischen Behörden bei der Meldung des Virus wichtige Zeit verstreichen ließen und bereits deutlich vor dem 31. Dezember von den Fällen gewusst haben können. Wenngleich auch der Fall des 71-Jährigen in der Charité nicht weiter untersucht worden ist.