Aufenthalt in Corona-Risikogebiet verschwiegen : Weil ein Vater log, muss Klinik für schwerkranke Kinder schließen
60 kleine Patienten wurden mit Familie evakuiert – das Haus fürchtet um die Existenz

Tannheim - War es Dummheit, Unkenntnis oder blinde Vaterliebe? Wahrscheinlich alles zusammen. Er wollte nur das Beste für sein Kind – und schadete am Ende vielen Familien mit schwer kranken Kindern. Weil ein inzwischen positiv auf Corona getesteter Vater einen Aufenthalt im Risikogebiet Heinsberg verschwiegen hat, musste jetzt eine Kinderklinik geschlossen werden.
Es handelt sich um die Nachsorgeklinik Tannheim für schwer kranke Kinder in Villingen-Schwenningen (Baden-Württemberg). In den vergangenen 20 Jahren hat sich die Klinik Tannheim deutschlandweit als eine erste Adresse der Familienorientierten Nachsorge für Familien mit krebs-, herz- und mukoviszidosekranken Kindern etabliert. Hier sind über 150 Mitarbeiter beschäftigt, die Klinik bietet zudem zahlreiche Ausbildungsplätze.
Patienten und Mitarbeiter werden jetzt 14 Tage isoliert
Wie die beiden Geschäftsführer mitteilten, wurde die gesamte Klinik nun geräumt. 60 Kinder und Jugendliche mit ihren Familien mussten den Aufenthalt im Schwarzwald abbrechen. Auch die Mitarbeiter wurden nach Hause geschickt. „Patienten, Begleitpersonen und Mitarbeiter werden für 14 Tage häuslich isoliert“, heißt es auf der Homepage der Klinik.
Die Familie des Vaters aus Nordrhein-Westfalen sei eine gute Woche mit anderen Familien zusammengewesen. Bisher gebe es aber keine weiteren bestätigten Fälle, so die Klinikleitung. Sie spricht von einem „Desaster“, das der Vater hätte verhindern müssen, und hofft, dass die Klinik am 6. April wieder den Betrieb aufnehmen kann.
Der Mann habe den Aufenthalt im Risikogebiet im Anmeldebogen wohl verschwiegen, um die Reha für sein Kind nicht zu gefährden. Der Kreis Heinsberg gilt in der Coronakrise deutschlandweit als am stärksten betroffener Landkreis. Am Montag war von einem Labor bestätigt worden, dass der Mann an Covid-19 erkrankt ist.
Die Klinik ist auf Spenden angewiesen
„Vor der letzten Reha hatten wir bewusst abgefragt, ob jemand zuvor in einem Risikogebiet war“, sagten die beiden Geschäftsführer Roland Wehrle und Thomas Müller am Mittwoch auf Nachfrage. „Leider hat uns der Vater nicht die Wahrheit gesagt.“ Ein schlimmes Versäumnis, wie die beiden betonen.
Denn für die kleinen Patienten der Nachsorge-Klinik dürfte ein besonderes Risiko bestehen, sollten sie an Covid-19 erkranken. Die Klinik, die auch auf Spenden angewiesen ist, hofft auch aus wirtschaftlichen Gründen, dass die Schließung nicht länger andauert.