Schwere Vorwürfe nach Erdbeben

Assad-Regierung hält Hilfskonvoi des kurdischen Roten Halbmonds auf - und will die Hälfte der Hilfsgüter

Der Hilfskonvoi sollte eigentlich wichtige Güter nach Aleppo bringen. Doch er wurde vom Regime nicht durchgelassen. 

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Auch in der nordsyrischen Stadt Aleppo gab es im Zuge des Erdbebens viel Zerstörung. Dennoch wurde ein Hilfskonvoi nicht durchgelassen.
Auch in der nordsyrischen Stadt Aleppo gab es im Zuge des Erdbebens viel Zerstörung. Dennoch wurde ein Hilfskonvoi nicht durchgelassen.AP/Ghaith Alsayed, Instagram/Tobias Huch

Es sind schwere Vorwürfe die die Hilfsorganisation Heyva Sor a Kurdistanê, der kurdische Rote Halbmond, da erhebt. Ein Konvoi der Hilfsgüter in die vom Erdbeben gebeutelte Stadt Aleppo bringen sollte, sei von der syrischen Zentralregierung gestoppt worden. Eine Weiterfahrt sollte ihnen nur erlaubt werden, wenn sie die Hälfte ihrer Güter dem Regime überlassen. 

In Deutschland bekannt wurde die Nachricht unter anderem über den Instagram-Kanal des FDP-Politikers und Journalisten Tobias Huch, der mit seiner Hilfsorganisation Liberaid seit längerer Zeit in Kurdistan engagiert ist. Er postete ein Video in dem die deutsche Helferin Fee Baumann zu Wort kommt. Sie erklärt, dass sie für den kurdischen Roten Halbmond arbeite und eigentlich gerade Hilfsgüter nach Aleppo bringen wollte. 

Erdbeben: Hilfskonvoi wird 50 Kilometer vor Aleppo gestoppt

Doch der Konvoi sei rund 50 Meter vor der Stadt von der syrischen Zentralregierung von Baschar al-Assad gestoppt worden. Der Machthaber, der sehr mehr als zehn Jahren einen blutigen Bürgerkrieg gegen das eigene Volk führt, war nach dem Erdbeben überraschend in die von seinem Regime kontrollierten Gebiete im Norden gereist, um sich ein Bild von der Lage zu machen. Dabei waren auch Bilder aufgetaucht, auf denen er herzhaft lachte. Dafür setzte es in den sozialen Netzwerken reichlich Kritik.

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Auch in Aleppo fielen zahlreiche Menschen den Erdbeben zum Opfer.
Auch in Aleppo fielen zahlreiche Menschen den Erdbeben zum Opfer.AFP/Bakr Alkasem

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Assad wittert derweil Morgenluft, im Kampf gegen seine internationale Isolation. Denn wenn internationale Hilfsorganisationen Güter und medizinische Unterstützung in die Erdbebengebiete bringen wollen, muss es derzeit eine Koordination mit dem syrischen Machthaber geben, wie Anita Starosta, Syrien-Referentin bei der Hilfsorganisation Medico International gegenüber der Deutschen Welle sagte. Das sei aber problematisch. „Denn wir wissen aus der Vergangenheit, dass alle Hilfsgelder, die über das Regime und Damaskus laufen, auch in die Finanzierung der Regimestruktur gehen - also an Hilfsorganisationen, die an die Familie Assad angebunden sind.“

Ohnehin wird Assad auch für die hohe Anzahl an Opfern verantwortlich gemacht. Sein Krieg gegen das eigene Volk, so der Tenor, habe mit dafür gesorgt, das viele Menschen während des Erdbebens in unsicheren, instabilen Häusern leben mussten und das in Teilen mit ihrem Leben bezahlten. 

Nach Erdbeben: Roter Halbmond wird mit Hilfsgütern nicht nach Aleppo gelassen

Der Bericht des kurdischen Roten Halbmonds zeichnet nun ein ähnlich menschenfeindliches Bild. Man werde nur ins Katastrophengebiet durchgelassen, wenn man die Hälfte der Hilfsgüter „inklusive mindestens einer Ambulanz“ an das Regime abtrete, sagte Fee Baumann in dem Video. Da es sich um einen kleinen Konvoi handele, würde nach einer Abtretung der Hilfsgüter nicht viel übrig bleiben, sagte sie. Per Telefon soll das syrische Regime zudem klargestellt haben, dass alle NGOs aus dem Nordosten Syriens die Hälfte ihrer Hilfsgüter abgeben müssten. 

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Das Video, das einige Stunden zuvor auch auf der Seite „Newsfromkurdistan“ erschien, enthält derzeit noch kein Update wie das Ringen um die Hilfsgüter ausgegangen ist. Fee Baumann hoffte jedenfalls in ihrer Videobotschaft, dass ihr Konvoi mit den Hilfsgütern doch noch ins Erdbebengebiet durchgelassen wird – und die Menschen dort die lang ersehnte Hilfe bekommen.