Süß und bunt
Alte Liebe rostet nicht – wieso Kaugummiautomaten so nostalgisch sind
Ihre beste Zeit haben die Kaugummiautomaten in Städten zwar hinter sich. Trotzdem erinnern sich viele Menschen bei den rostigen und mittlerweile oft besprühten Geräten an ihre Kindheit zurück – und an ihren ersten Konsum.

Kaugummi mit Erdbeergeschmack, in Wassermelonenform oder als „spooky eyes“ – alles für 20 Cent an kleinen und eher unscheinbaren Automaten zu erhalten. Wer aufmerksam durch die Straßen läuft, sieht sie manchmal noch: Kaugummiautomaten an Hauswänden, oft sehr tief hängend, beklebt oder besprüht, meistens rot. Obwohl die Verkaufsgeräte mittlerweile deutlich unpopulärer sind als vor etwa 50 Jahren, haben sie immer noch eine Fangemeinde. Was macht den Kaugummiautomaten so besonders – auch heute noch?
In Nürnberg hält ihn Karin Falkenberg für so besonders, dass sie ihn im vergangenen Jahr für eine Ausstellung in das Spielzeugmuseum geholt hat. Denn außer Süßwaren kommen auch kleine Ringe, Anstecker oder Gummitiere aus den Schächten. „Es sind Nostalgieobjekte“, sagt die Leiterin des Spielzeugmuseums.
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Bis in die 70er-Jahre wurden Spielzeug und Kaugummis laut Falkenberg in einem Schacht verkauft. Dann hätten sich die Lebensmittelgesetze geändert, seither werden die Produkte in den Automaten getrennt ausgegeben. „Um Kaugummiautomaten ranken sich persönliche Erinnerungen in großen Mengen, das haben wir in unserer Ausstellung festgestellt. Es gab keine einzige Führung, in der nicht mindestens vier, fünf Anekdoten erzählt wurden“, erläutert Falkenberg, die auch Direktorin des Instituts für Ludologie (Spielwissenschaften) an der University of Applied Sciences in Berlin ist.
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Starke Kindheitserinnerungen an Automaten
Starke Kindheitserinnerungen würden aus ihrer Sicht heute noch immer die Nostalgie bei vielen Menschen ausmachen. Kinder und junge Erwachsene hätten von den 1950er-Jahren bis hin zur Wende Anfang der 90er an den Automaten ihre ersten Kaufhandlungen gemacht. Im Gegensatz zum Kiosk oder Supermarkt habe man dort nicht mit Erwachsenen sprechen müssen, um Süßes oder Spielzeug zu kaufen, sondern einfach eine Münze einwerfen können. Der Kaugummiautomat sei ein wesentlicher Bestandteil der Kinder- und Jugendkultur.
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„Er hat allzu unglaubliche Spielzeugschätze in sich drin gehabt in den 50er-, 60er-, 70er-, 80er-Jahren, die im Prinzip auch die große Welt im Kleinen dargestellt haben“, sagt Falkenberg. Zum Beispiel Feuerzeuge im Miniatur-Format, Kompasse, Mundharmonikas oder auch winzige Taschenmesser. Legendär seien Ringe in allen möglichen Ausführungen gewesen – mit Herzchen, Totenköpfen, Bildern von Schauspielern oder Künstlern wie Elvis Presley oder leuchtende Exemplare um die 2000er-Jahre herum.
Ringe, Flummis, Taschenmesser – kleines Glück für 20 Pfennig
Die Ringe sind teilweise immer noch beliebt, wie auch der erste Vorsitzende des Verbands der Automaten-Fachaufsteller (Vafa), Ralph Zimmermann, weiß. Es sei schon das ein oder andere Mal die Frage gekommen, ob man einen dieser Blechringe für eine Verlobung verschicken könne. In einem anderen Fall wollten Menschen einen bestimmten Flummi von früher haben.
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Auch Ellen Markgraf kann sich für die Spielzeuge und die Automatenkultur begeistern. 2022 hat die Kunsthistorikerin einen Bildband mit Kaugummiautomaten in Kassel herausgebracht. In einem separaten Portemonnaie habe die Fotografin immer zehn, 20 oder 50 Cent dabei, um sich etwas aus den Geräten kaufen zu können, wie sie erzählt. Sie erklärt die Kindheitserinnerungen vieler Erwachsener auch mit dem Überraschungseffekt. „Man hatte immer diesen Moment des Wartens: Kommt jetzt nur ein Kaugummi raus oder ist etwas anderes dabei?“ Für zehn oder 20 Pfennigstücke habe man sich ein kleines Glücksgefühl verschaffen können.

Zwar werden die Automaten laut Zimmermann immer noch genutzt, das Geschäft sei aber nicht mehr so lukrativ. Wer als Betreiber zehn Euro pro Monat verdiene, sei schon gut dabei. Deutschlandweit gebe es geschätzt noch zwischen 300.000 und 400.000 Kaugummiautomaten – zwischen den 50er- und 90er-Jahren war es schätzungsweise etwa eine Million. „Das wird nach und nach immer weniger werden“, sagt Zimmermann. Das liege vor allem daran, dass sich die Stadtbilder verändern, alte Gebäude abgerissen und neu gebaut werden und weniger Automaten an neue Fassaden angebracht werden.
In vielen Städten werden inzwischen alte Exemplare aber auch wiederbelebt – statt Süßes können Menschen zum Beispiel Witze, Kunst oder auch Bienenfutter ziehen. Falkenberg hält das für eine „süße Idee“, neue Impulse für die Stadtgesellschaft zu setzen. Die Faszination für Kaugummi- und Spielzeugautomaten werde so schnell aber nicht verschwinden, glaubt die Expertin. „Sie werden, solange es noch Kinder der 50er-, 60er- und 70er-Jahre gibt, nicht an Liebhabern verlieren.“