Bei dem Kantinenbetreiber Apetito verliert die Currywurst immer weiter an Beliebtheit.
Bei dem Kantinenbetreiber Apetito verliert die Currywurst immer weiter an Beliebtheit. Christian Charisius/dpa

Über viele Jahre hinweg galt in den Kantinen Deutschlands ein Gesetz: Gibt es Currywurst, stehen die Leute Schlange. Doch zwei Dinge haben alle Weisheiten und Wahrheiten der Mittagspause durcheinandergebracht: In der Corona-Zeit arbeiteten Millionen Deutsche im Homeoffice, viele tun es weiterhin tageweise oder ständig. Schlangen gab es in der Kantine folglich lange Zeit nicht mehr. 

Fleisch aus Massentierhaltung in Misskredit, vegetarische Gerichte auf dem Vormarsch

Ein zweiter Trend macht sich immer deutlicher bemerkbar: Vor allem jüngere Menschen machen sich mehr Gedanken über gesundes und ökologisch vertretbares Essen. Fleisch aus Massentierhaltung gerät dabei immer mehr in Misskredit, wird in Supermärkten auch immer seltener verkauft. Vegetarische Produkte werden häufiger nachgefragt. Dieser Trend geht zulasten des langjährigen Kantinen-Hits: Die Currywurst stammt in den meisten Fällen aus Fleischfabriken, gesund ist sie auch nicht, schon gar nicht in Kombination mit fettgebackenen Pommes und einer Soße, an der so gut wie nichts natürlich ist.

Die Folge: Die Currywurst ist abgestürzt. Bereits im Vorjahresranking war sie von Platz eins verdrängt worden. Nun geht der Abstieg unaufhaltsam weiter. In dem am Dienstag publizierten Ranking des Verpflegungsanbieters Apetito kam der Klassiker im vergangenen Jahr nur noch auf den dritten Platz, auf dem ersten Rang stand Spaghetti Bolognese und auf dem zweiten eine Pesto-Pfanne – also ein vegetarisches Gericht.

Bis 2019 war die Currywurst das meistverkaufte Kantinengericht überhaupt

Im Vorjahr war die Currywurst noch auf dem zweiten Platz und bis 2019 jahrzehntelang das meistverkaufte Kantinengericht überhaupt gewesen. Bemerkenswert ist zudem, dass vegetarische Gerichte immer wichtiger werden, etwa Pesto-Pfanne, Gemüse-Curry oder Chili sin Carne (Chili ohne Fleisch). Eine Firmensprecherin begründete die sinkende Currywurst-Nachfrage mit dem Trend zur bewussteren Ernährung.

Apetito ist einer der größten Kantinenbetreiber und Fertiggerichte-Hersteller Deutschlands. Die Unternehmensgruppe aus Rheine in Nordrhein-Westfalen kam im vergangenen Jahr mit 12.400 Beschäftigten auf einen Umsatz von rund 1,1 Milliarden Euro und damit auf ein Plus von 7,7 Prozent gegenüber 2021. Apetito ist in neun Staaten tätig, darunter Großbritannien, Kanada und Dänemark.

Zutaten für Kantinenessen immer teurer, Sonderkost immer stärker nachgefragt

Der Gewinn wird nur teilweise veröffentlicht: Bei der Apetito AG, die Tiefkühlessen und andere Verpflegung herstellt, sackte der Jahresüberschuss um 25 Millionen auf 15 Millionen Euro ab. Das lag nach Auskunft von Firmenchef Jan-Peer Laabs an höheren Kosten für Lebensmittel, Energie und Personal. Die separate Firma Apetito Catering veröffentlichte keine Gewinnzahl, der Überschuss wurde nur vage als „zufriedenstellend“ beschrieben.

Langfristig rechnet Apetito mit Wachstumsimpulsen durch die alternde Gesellschaft – das Unternehmen beliefert nicht nur Kantinen, Kitas und Schulen, sondern auch Alten- und Pflegeheime. „Die Nachfrage nach Sonderkostformen wird steigen“, sagte Laabs. Künftig will Apetito nicht nur aus eigener Kraft wachsen, sondern auch durch Zukäufe. Im vergangenen Jahr wurden bereits zwei Firmen gekauft und in diesem Jahr eine.