Wer soll das noch bezahlen?
Preisexplosion in deutschen Pflegeheimen: Bis zu 21,5 Prozent teurer
Nicht nur in Berlin und Brandenburg: Pflege-Preise steigen schneller als die Inflation, vielen geht das Geld aus.

Es ist kaum noch bezahlbar: Die Kosten für Pflegeheime sind innerhalb eines Jahres explodiert – und noch viel schneller als die Inflation angestiegen. Während Eigenanteile in Berlin um rund 18,4 Prozent nach oben schossen, sind es in Brandenburg sogar rund 21,5 Prozent. Geld, das, wenn die eigenen Ersparnisse der zu Pflegenden aufgebraucht ist, von den Verwandten geholt wird.
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Die Eigenanteile für Bewohner in Pflegeheimen sind im vergangenen Jahr in Berlin deutlich gestiegen. Mit Stand vom 1. Juli müssen in der Hauptstadt durchschnittlich 2509 Euro für einen Heimplatz im ersten Jahr gezahlt werden und damit 390 Euro mehr als im Juli 2022, wie eine Auswertung des Verbands der Ersatzkassen ergab. Berlin liegt damit nur knapp unter dem Bundesdurchschnitt von 2548 Euro pro Monat im ersten Heimjahr.
Die Belastungen der Heimbewohner wachsen damit auch trotz der inzwischen eingeführten Entlastungszuschläge weiter, die mit der Aufenthaltsdauer steigen. Mit dem höchsten Zuschlag ab dem vierten Jahr im Heim stiegen die Zuzahlungen nun im Schnitt auf 1738 Euro pro Monat. Das waren 165 Euro mehr als zum 1. Juli 2022, wie aus den neuen Daten hervorgeht, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegen.
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In Brandenburg steigen die Pflegeheim-Preise um rund 400 Euro pro Monat
Ohne Zuschläge wären es im Schnitt für alle nun 2610 Euro pro Monat als gesamte Zuzahlung, 362 Euro mehr als zum 1. Juli 2022. Darunter stieg allein der Eigenanteil nur für die reine Pflege binnen zwölf Monaten um 281 Euro auf nun durchschnittlich 1245 Euro. Grund sind vor allem steigende Löhne für das Pflegepersonal, wie der Verband der Ersatzkassen erläuterte.
In Brandenburg sieht es noch krasser aus. Zum 1. Juli waren hier im ersten Halbjahr im Heim durchschnittlich 2256 Euro pro Monat fällig – fast 400 Euro mehr als Mitte 2022. Trotz der Entlastungszuschläge, die nur ein Tropfen auf dem heißen Stein zu sein scheinen: Ab dem vierten Jahr im Heim stiegen die Zuzahlungen nun im Schnitt auf 1452 Euro pro Monat. Das waren 185 Euro mehr als zum 1. Juli 2022.
Die Preise sind aber nicht nur in Berlin und Brandenburg explodiert. Im ersten Jahr im Heim waren demnach im bundesweiten Schnitt 2548 Euro pro Monat fällig – 348 Euro mehr als Mitte 2022. Dabei schlagen unter anderem höhere Löhne für dringend benötigte Pflegekräfte durch. Aber auch Kosten für Unterkunft, Essen und Trinken gingen nach oben.

In den Summen ist zum einen ein Eigenanteil für die reine Pflege und Betreuung enthalten. Denn die Pflegeversicherung trägt – anders als die Krankenversicherung – nur einen Teil der Kosten. Für Heimbewohner kommen dann noch Kosten für Unterkunft, Verpflegung und Investitionen in den Einrichtungen hinzu. Ohne die Entlastungszuschläge wären es im Schnitt für alle nun 2610 Euro pro Monat als gesamte Zuzahlung. Darunter stieg allein der Eigenanteil für die reine Pflege binnen zwölf Monaten um 281 Euro auf durchschnittlich 1245 Euro pro Monat.
Als Kostenbremse gibt es seit 2022 neben den Zahlungen der Pflegekasse einen Zuschlag, der mit längerer Aufenthaltsdauer steigt. Den Eigenanteil nur für die Pflege drückt dies im ersten Jahr im Heim um fünf Prozent, im zweiten um 25 Prozent, im dritten um 45 Prozent, ab dem vierten Jahr um 70 Prozent.
Hintergrund der Kostensprünge sind auch höhere Personalausgaben
Auch mit dem höchsten Zuschlag gingen die Zuzahlungen aber im Schnitt auf 1738 Euro pro Monat hoch – das waren 165 Euro mehr als Mitte 2022. Ausgewertet wurden Vergütungsvereinbarungen der Pflegekassen mit Heimen in allen Bundesländern. Die Daten beziehen sich auf Bewohner mit den Pflegegraden 2 bis 5.
Hintergrund der Kostensprünge sind auch höhere Personalausgaben. Denn seit September 2022 müssen alle Einrichtungen Pflegekräfte nach Tarifvertrag oder ähnlich bezahlen, um mit den Pflegekassen abrechnen zu können. Die Vorgabe hatte noch die schwarz-rote Vorgängerregierung auf den Weg gebracht – auch um Pflegekräfte im Beruf zu halten und zu gewinnen.
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„Wir unterstützen die Maßnahmen für eine faire Bezahlung des Pflegepersonals“, sagt Jörg Meyers-Middendorf vom Vorstand beim Ersatzkassenverband. Es könne aber nicht sein, dass stetig steigende Kosten zum Großteil die Pflegebedürftigen schultern müssten. „Wenn der Aufenthalt im Pflegeheim von immer mehr Menschen nicht mehr bezahlt werden kann, läuft etwas gründlich schief.“
Dabei gibt es regionale Unterschiede. Am teuersten war die Pflege im ersten Jahr im Heim in Baden-Württemberg mit nun im Schnitt 2913 Euro pro Monat – am niedrigsten war die Belastung in Sachsen-Anhalt mit 1994 Euro. Für Unterkunft und Verpflegung waren im bundesweiten Schnitt nun 888 Euro im Monat fällig, nach 814 Euro Mitte 2022.
2024 steigen die Entlastungszuschläge
Um weiteren Mehrbelastungen gegenzusteuern, hat der Bundestag eine Pflegereform beschlossen. Nach dem Gesetz von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) werden die Entlastungszuschläge zum 1. Januar 2024 erhöht. Den Eigenanteil für die reine Pflege soll das im ersten Jahr im Heim um 15 statt bisher fünf Prozent drücken, im zweiten Jahr um 30 statt 25 Prozent, im dritten um 50 statt 45 Prozent, ab dem vierten Jahr um 75 statt 70 Prozent.
Dies dürfte den Trend aber nur kurzfristig abmildern, sagt Meyers-Middendorf vom Ersatzkassenverband. „Es braucht zeitnah eine Lösung zur nachhaltigen Entlastung der Pflegebedürftigen, die nicht allein auf dem Rücken der Beitragszahler lastet.“ Dazu gehöre, die Länder endlich zur Übernahme der Investitionskosten in den Heimen zu verpflichten. Das würde Pflegebedürftige umgehend entlasten – nach den neuen Zahlen vom 1. Juli durchschnittlich um 477 Euro pro Monat.