Raub auf Geldtransporter: Wurde der Fluchtwagen aus dem Tegeler Knast vermittelt?
Polizei und Staatsanwaltschaft durchsuchten eine Zelle, eine Anwaltskanzlei und zwei Wohnungen wegen mutmaßlicher Strafvereitelung

Ein Insasse (46) der Haftanstalt Tegel scheint eine „Autovermietung für Fluchtfahrzeuge“ aufgezogen zu haben. Dieser Gedanke geht in Polizeikreisen um. Beim Überfall auf einen Geldtransporter in der Uhlandstraße am 29. Juni könnte der Mann den Fluchtwagen, einen in Berlin nur zwanzig Mal zugelassenen Audi RS6 Avant Performance (605 PS), an die Täter vermittelt haben. Er und drei mutmaßliche Mittäter stehen außerdem im Verdacht, die Spur zu den „Mietern“ verwischt zu haben. Einer der Mitbeschuldigten ist ein Charlottenburger Rechtsanwalt (29).
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Das Fluchtauto war am 8. Juli gefunden worden. Als Halter war eine Autovermietung in Mitte verzeichnet, die Geschäftsadresse war aber eine Scheinanschrift. Die Polizei ermittelte weiter und am Mittwoch gab es in der Folge Durchsuchungen.
Gefilzt wurden die Zelle des Haftgefangenen und die Redaktionsräume der Gefangenen-Zeitschrift Lichtblick, für die der wegen Vermögensdelikten zu einer mehrjährigen Haftstrafe Verurteilte tätig ist. In dem Zusammenhang wird der Internetzugang der Redaktion Lichtblick bis zur Klärung aller Vorwürfe abgeschaltet, sagte Justizsprecher Martin Kröger dem Berliner KURIER. Des Weiteren sei der 46-Jährige aus Tegel in eine andere Haftanstalt verlegt worden.
Polizisten nahmen sich außerdem die Rechtsanwaltskanzlei sowie die Wohnungen eines 29-Jährigen und seiner Verlobten (24) vor. Beschlagnahmt wurden Mobiltelefone und Anwaltsakten.
Das Quartett soll einen vertrackten Plan umgesetzt haben. Die Frau soll sich laut Staatsanwaltschaft nach dem Überfall, dessen Täter noch nicht bekannt sind, an die Polizei gewandt und erzählt haben, der 29-Jährige habe den Audi zum Zeitpunkt der Tat gefahren. Der Mann stellte sich dann der Polizei und soll so den Verdacht auf sich und weg von den eigentlichen Räubern abgelenkt haben.
Mann stellte sich der Polizei und war des Überfalls verdächtig, den er nicht begangen hat
Daraufhin als Beschuldigter geführt, schwieg er dann mit dem Hinweis auf sein Zeugnisverweigerungsrecht – und der gleichaltrige Anwalt meldete sich als sein Verteidiger.
Bei dem Anwalt, gegen den jetzt wegen Strafvereitelung ermittelt wird, wurden unter anderem Ausweispapiere gefunden, die dazu dienten, einen angeblichen Fluchtfahrzeug-Mieter vorzutäuschen.

Sein mutmaßlicher Komplize, der bei den Ermittlern gewissermaßen als Außendienstler des strafgefangenen mutmaßlichen Kopfs der ganzen Machinationen gilt, sitzt inzwischen in U-Haft. Ihm wird ebenfalls Strafvereitelung vorgeworfen, außerdem gemeinschaftlicher gewerbsmäßiger Betrug. Er soll Mobiltelefone entgegengenommen und vertickt haben, die Tegeler Insassen im Rahmen eines telefonischen Vertragsabschlusses unter falschen Personalien bekommen hätten.
Polizei hofft auf Fahndungserfolge durch beschlagnahmte Handy
Die Ermittler bei Polizei und Staatsanwaltschaft hoffen jetzt, anhand der Daten auf den bei den Beschuldigten beschlagnahmten Handys einen Fahndungs-Faden zu den vermutlich drei Geldtransport-Räubern aufnehmen zu können. Die hatten seinerzeit 266.000 Euro erbeutet.
Die Frau und der Mann, die den Geldtransport zum Postamt in der Uhlandstraße gefahren hatten, waren verletzt worden, gleichfalls zwei Post-Mitarbeiterinnen.