Laut Gesetz dürfen Berliner Polizeihunde keine Ganoven mehr jagen - doch die Innensenatorin pfeift auf die neue Tierschutz-Verordnung
Iris Spranger (SPD) schafft nun eine Übergangslösung und holt die Tiere zurück in den Dienst.

Die Kriminellen hatten schon gejubelt. Denn per Gesetz sollte seit Jahresbeginn ein Teil der insgesamt 139 Berliner Polizeihunde keine Verbrecher mehr stellen und wurden außer Dienst gestellt. Doch Innensenatorin Iris Spranger (SPD) pfeift auf die Verschärfung der Tierschutz-Hundeverordnung. Per Übergangsregelung holt sie nun die Tiere wieder in den Einsatz zurück.
Kaum hatte das neue Jahr begonnen, ließ die Berliner Polizei insgesamt 49 sogenannte Schutzhunde aus dem Dienst nehmen, bestätigte eine Sprecherin dem KURIER. Die Tiere blieben nun bei ihren Hundeführern zuhause.
Bisher wurden diese Hunde bei Einsätzen angefordert, bei denen die Beamten mit erheblicher Gegenwehr rechnen müssen. Dies ist beim Fassen und Stellen von bewaffneten Tätern der Fall, sowie bei gefährlichen Razzien des SEK oder Randalen, etwa bei Auseinandersetzungen mit Hooligans bei Fußballspielen. Dabei sollen die Hunde auch die Polizisten vor Angriffen schützen.
Da diese Einsätze Angriffe für diese Tiere oft nicht gewaltfrei sind, müssen sie darauf vorbereitet und trainiert werden. Dies bedeutet, dass die Hundeführer bei der Ausbildung der Polizeihunde auch Gewalt anwenden müssen.

Das Zufügen von Schmerz ist beim Ausbilden der Polizeihunde verboten
Das ist aber mit der neuen Tierschutz-Hundeverordnung seit Jahresbeginn verboten. Darin ist im Absatz 2 für jeden Hundehalter untersagt, dass „bei der Ausbildung, bei der Erziehung oder beim Training von Hunden Stachelhalsbänder oder andere für die Hunde schmerzhafte Mittel zu verwenden“ sind.
Beim Training und im Polizeieinsatz wurden bisher vor allem die nun untersagten Stachelhalsbänder bei den Schutzhunden verwendet. „Sie sind quasi ein Notschalter, um etwa einen Randalierer zu schützen, in dessen Arm sich ein Hund verbissen hat“, sagt Benjamin Jendro, Sprecher der Polizeigewerkschaft GdP. Dies geschehe, wenn das Tier nicht mehr auf das Los-lass-Kommando seines Hundeführers reagiert. Dann kann mit einem Zug an dem Halsband der Hund zum sofortigen Ablassen gezwungen werden.
Dabei lösen die Stacheln im Innern des Halsbandes einen kurzen Schmerz beim Tier aus oder drücken für ein paar Sekunden die Luft des Hundes weg. Die Reaktion: Der Hund lässt sofort von seinem Gegenüber ab. Der GdP-Sprecher verweist darauf, dass es in 95 Prozent der Fälle mit Kommunikation klappt, man aber auch in den anderen fünf Prozent sofort die Kontrolle über das Tier zurückgewinnen müsse.
Tierschützer, die an der neuen Verordnung mitarbeiteten, hatten diese Trainingspraxis kritisiert, die nun verboten ist. Daher können die Schutzhunde bei der Polizei nicht mehr zum Einsatz kommen. Im Gegensatz zu den Spürhunden, die nach Personen oder Rauschgift suchen und daher bei der Ausbildung und im Einsatz keiner Gewalt ausgesetzt sind.

Innensenatorin setzt Hunde wieder ein
Dass nun die Schutzhunde nicht mehr zum Einsatz kommen können, hätte fatale Folgen, so der Berliner Vize-Chef der GdP, Stephan Kelm. „Wir sind absolut offen für innovative Trainingsmethoden, in denen auf Schmerzen verzichtet werden kann. Aber aktuell gibt es aus unserer Sicht keine bekannten Alternativen, um unsere vierbeinigen Kollegen auf bestimmte Einsatzsituationen vorzubereiten. Wir sollten auch nicht vergessen, dass Straftäter im Regelfall keine Rücksicht auf das Tierschutzgesetz und das Wohl der Tiere nehmen“, sagt er.
Das Land Niedersachen fordert vom Bund eine Ausnahmeregelung für Diensthunde. Innensenatorin Spranger unterstützt diese Initiative und handelte bereits. Ihre Behörde erließ eine Übergangsregelung, stellte die Polizeihunde wieder in den Dienst.
„Sie sind für die tägliche Arbeit der Polizei und damit für den Schutz der Bevölkerung unverzichtbar“, sagt Spranger. Die neue Hundeverordnung dürfe keine Auslegungssache sein. Man müsse „jetzt dringend Klarheit schaffen, wie die Ausbildung der Hunde auch in Zukunft möglich ist“. „Als ehemalige Hundebesitzerin liegt mir das Wohl der Tiere am Herzen“, sagte sie.