Tolle Gewinnerwartungen, in Rauch aufgelöst: Betrugsverdacht bei medizinischem Cannabis
Fünf Unternehmen in Berlin sollen Anleger bei der Investition in Cannabis-Pflanzen betrogen haben. Staatsanwaltschaft ermittelt

Medizinisches Cannabis, das ist der ganz heiße Scheiß: Arzneien aus der vielfach als Wundermittel gegen alle möglichen Krankheiten angesehene Pflanze, die seit 2017 in Deutschland verschrieben werden dürfen, versprachen einen Boom. Und wie immer bei angesagten Trends wittern mutmaßlich unsaubere Charaktere gute Geschäfte. Fünf Berliner Firmen der Juicy Holdings B.V. sollen über eine Internet-Plattform Anlegern mit fabelhaften Rendite-Versprechungen das Hirn vernebelt und das Geld aus der Tasche gezogen haben. Die Sitze der Firmen und die Wohnungen ihrer zwölf Verantwortlichen in Berlin wurden am Dienstag durchsucht.
Über die Internet-Plattform „Juicy Fields“ wurde laut Staatsanwaltschaft Berlin seit 2020 E-Growing angeboten. Wer Geld einzahlte (auch gerne nur 50 Euro), sollte sich über virtuelle Gewächshäuser an Anbau, Ernte und Verkauf medizinischer Cannabis-Pflanzen beteiligen können. Oberstaatsanwalt Sebastian Büchner sagte dem KURIER, es sei eine Rendite von über 100 Prozent in Aussicht gestellt worden. Das überzeugte viele, manche mögen sich auch an Justin Bieber orientiert haben, der sogar ins legale US-Geschäft mit der Cannabis-Droge Marihuana eingestiegen war.
Das Problem: 230 Anleger haben bislang den Weg der Anzeige gewählt, weil kein Geld ausgezahlt worden sei.
Gibt es die gekauften Cannabis-Pflanzen überhaupt?
Die Strafverfolger sind jetzt dabei zu ermitteln, ob die erworbenen Pflanzen überhaupt existierten, oder ob die Firmen ein Schneeball-System aufgezogen haben, bei dem frühen Anlegern das frische Geld neuer Anleger ausgezahlt wurde.
Wie hoch der Schaden ist, wissen die Staatsanwälte nicht, haben allerdings Vermögensarreste bei vier der fünf Firmen über insgesamt 2,557 Millionen Euro vollstreckt. Wie viel Geld wirklich gesichert werden konnte, wusste Büchner noch nicht zu sagen.
Bei den Durchsuchungen waren auch Vertreter der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) dabei, die schon seit Monaten gegen die niederländische Juicy Holdings B.V. ankämpft.
Am 3. Juni hatte sie ihr verboten, Investitionen in Cannabis-Pflanzen in Deutschland öffentlich anzubieten. Dabei ging es um die Sorten JuicyFlash, JuicyMist, JuicyKush und JuicyHaze.
Trickserei der Cannabis-Verkäufer an der Finanzaufsicht vorbei?
Das Verbot erging, weil das Angebot der Investition an Anleger von einem von der BaFin genehmigten Verkaufsprospekt hätte begleitet werden müssen. Den habe die Holding nie veröffentlicht.
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Dafür hat sie nach Darstellung der BaFin getrickst. Bereits im März war eine andere Anlagemöglichkeit verboten worden, daraufhin wurde die eingestellt und durch das dann im Juni untersagte System ersetzt.
Am 10. Juni sah sich die BaFin gezwungen, in einer hier zu lesenden Mitteilung darauf hinzuweisen, dass Falschmeldungen umgehen: Die Angebote der Juicy Holdings seien mitnichten wieder freigegeben. In der Mitteilung gibt es auch Hinweise, was man tun kann, wenn man sich betrogen fühlt.