Ein schwer bewaffneter Polizist vor dem Auto des Amokfahrers, das im Schaufenster der Douglas-Filiale am Tauentzien in Berlin steckt. Im Prozess gegen den Amokfahrer sagten am Mittwoch Schüler als Zeugen aus.
Ein schwer bewaffneter Polizist vor dem Auto des Amokfahrers, das im Schaufenster der Douglas-Filiale am Tauentzien in Berlin steckt. Im Prozess gegen den Amokfahrer sagten am Mittwoch Schüler als Zeugen aus. Olaf Wagner/imago

Die Bilder tauchen immer wieder auf, tagsüber oder nachts als Albträume: Die Amokfahrt am Kudamm hat bei den Opfern tiefe Spuren in der Psyche hinterlassen.

Gor H. (29) war am 8. Juni mit einem Kleinwagen auf den Gehweg gezogen, um möglichst viele Menschen zu erwischen, so die Ermittler. Besonders betroffen eine Schülergruppe aus Hessen und ihre Lehrer. Schreckliche Bilanz der Amokfahrt: eine tote Lehrerin (51), 16 Verletzte, die meisten schwer.

Wie geht es den Opfern (Namen geändert) heute? Ben (17) schrieb an das Gericht: „Körperlich ist fast alles verheilt, aber seelisch – ich habe eine Essstörung entwickelt.“ Er habe auch Konzentrationsprobleme, wache nachts von dem Ereignis auf. Ben: „Es fällt mir schwer, an mein altes Leben anzuknüpfen.“

Amokfahrer von Berlin seit Jahren psychisch krank

Die Richter wollen den Opfern möglichst eine zusätzliche psychische Belastung durch eine Befragung im Prozess ersparen, baten um schriftliche Erklärungen. Laura (16) schrieb: „Ich leide an Schlaflosigkeit, Panikattacken, Angstzuständen.“ Sie habe „die Sache bisher nicht richtig verarbeitet, vor allem den Tod meiner Klassenlehrerin“. Ihr damaliger Mitschüler Lennart: „Ich habe ab und zu Albträume.“

Dawid U. (31), der zur zweiten von H. attackierten Gruppe gehörte: „Ich schreie nachts. Ich vermeide es, mit meinem Jungen ins Stadtzentrum zu gehen. Ich schiebe Sohn und Frau an den Straßenrand, wenn ich hinter mir ein Auto höre.“

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H. sitzt seit einem Monat vor Gericht – wegen Mordes und Mordversuchs. Kein Wort von ihm. Sein Anwalt: „Er hat keinen Zugang zu dem Geschehen.“ H. ist seit Jahren psychisch krank. Die Schule brach der aus Armenien stammende Mann kurz vor dem Abitur ab, scheiterte dann bei Ausbildungen. Die Anklägerin strebt seine dauerhafte Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an. Fortsetzung: Donnerstag.