Sorgten diese Männer für rechten Terror im Kiez?
Brände und Hass-Botschaften: Auch ein Politiker sollte eingeschüchtert werden

Das Gesicht versteckt und wie Vermummte marschierten zwei bekannte Berliner Neonazis in den Gerichtssaal: Sebastian T. (36) und Tilo P. (39). Es geht um eine Reihe von Straftaten.
Die beiden Männer gelten als Hauptverdächtige im Zusammenhang mit einer rechtsextremen Serie. Über Jahre hinweg sorgten Neonazis in Neukölln für ein Klima von Angst. Nazi-Schmierereien und Hass-Botschaften, Bedrohungen und Brandanschläge auf Autos.
Betroffen waren Menschen, die sich gegen Rechtsextremismus engagierten. Die Ermittler überzeugt: Mit Anschlägen sei versucht worden, Opfer einzuschüchtern und so von ihrer Arbeit abzubringen.
Ex-NPD-Kader Sebastian T. und Ex-AfD-Mitglied Tilo P. sollen sich spätestens im Januar 2017 dazu entschlossen haben, Brandanschläge auf Autos von zwei Männer zu verüben, die gegen Rassismus, Hass und Gewalt auftraten.
Die Nacht des 1. Februar 2018. Damals wurden die Autos eines Buchhändlers und des Linke-Politikers Ferat Kocak angezündet. Beim Anschlag auf das Fahrzeug von Kocak hätten die Flammen beinahe auf die Gasleitung des daneben gelegenen Wohnhauses übergegriffen. Die Anklage gegen das Duo lautet in diesem Fall auf Brandstiftung beziehungsweise Beihilfe dazu.
Zwei weitere Anklagen werden verhandelt
Zwei weitere Anklagen werden verhandelt. Dabei geht es um Schmierereien mit Nazi-Kennzeichen und rechte Botschaften per Aufkleber. T. soll zudem Corona-Soforthilfe erschlichen haben. Ein dritter Angeklagter muss sich wegen einiger Fälle von Sachbeschädigung verantworten: Samuel B. (38). Ein vierter Angeklagter (50) hatte sich krankgemeldet, gegen einen fünften Mann erging ein Strafbefehl (900 Euro wegen Sachbeschädigung).
Vor der Richterin schwiegen sie. Nur für Tilo P. erklärte sein Verteidiger: „Er ist unschuldig.“ Zwei Anwälte forderten eine Aussetzung des Verfahrens. Weil Kocak als Nebenkläger zugelassen wurde. Verteidiger orakelten: Er könnte eine Verurteilung wegen versuchter Tötung anstreben. Die Richterin schmetterte den Antrag ab.
Der Linke-Politiker saß den Männern, die ihn und andere Menschen in Angst und Schrecken versetzt haben sollen, nun im Saal gegenüber. Es ist ein Prozess nach vielen Pannen und Versäumnissen bei den Ermittlungen – insgesamt soll die rechte Serie mehr als 70 Taten umfassen.
Kocak zu dem, was er erleben musste: „Das Gefühl war lebensbedrohlich.“ Und: „Es war aus meiner Perspektive kein Anschlag auf mein Auto, sondern es war ein Anschlag auf Leib und Leben meiner Familie und mich.“ Fortsetzung: Mittwoch.