Sie verhandeln gegen Drogendealer: Berliner Richterinnen wegen Bedrohung unter Polizeischutz
Richter und Staatsanwälte müssen sich wüst beschimpfen und mit dem Tode bedrohen lassen.

Drei Richterinnen einer Berliner Großen Strafkammer wurden unter Polizeischutz gestellt: Sie waren bedroht worden, die Staatsanwaltschaft nahm deshalb Ermittlungen auf. Das geht aus der Antwort der Senatsjustizverwaltung auf eine parlamentarische Frage der AfD hervor. Die Richterinnen sind an einem Prozess gegen eine Drogenbande beteiligt, die durch die Entschlüsselung des EncroChat-Messengerdienstes aufgeflogen war.
Seit Februar 2021 seien 29 sogenannte sicherheitsrelevante Vorfälle gemeldet worden, antwortete die Verwaltung auf die Frage, davon sieben gegenüber Richtern oder Staatsanwälten.
Fünf davon wurden unter dem Begriff Bedrohungsgefühl verzeichnet. So bekam das Kammergericht einen toten Vogel zugeschickt mit dem Absendervermerk „Ein Baum, ein Strick, ein Richtergenick“.
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In einem Prozess kam plötzlich ein Besucher mit erhobener Faust und aggressiven Sprüchen auf den Staatsanwaltschaft zu. Ein Justizwachtmeister stoppte den Mann und warf ihn ohne Widerstand aus dem Saal. Gewalt musste ein Kollege anwenden, weil ein Prozessteilnehmer das Dienstzimmer eines Richters partout nicht verlassen wollte.
„Sie gehören doch an die Wand gestellt und erschossen“
Ein Richter musste sich während eines Telefonats anhören: „Sie gehören doch auch an die Wand gestellt und erschossen." Eine Staatsanwältin erhielt einen Brief mit weißem Pulver. Das vermeintliche Gift stellte sich zum Glück als harmlos heraus, es soll Süßstoff gewesen sein.
Wie im Fall der drei Richterinnen gibt es Ermittlungen wegen Drohungen beziehungsweise Einschüchterungversuchen von Richtern des Familiengerichts, die sich massiven Gewalt- und Tötungsphantasien ausgesetzt sahen.
Der Senat verwies darauf, dass seit 2018 die Sicherheit der Gerichte in vier Finanzierungstranchen von bis zu 19 Millionen Euro deutlich gesteigert worden sei. In der Planung sei gegenwärtig beispielsweise noch, für rund 11 Millionen Euro Eingangsbereiche umzubauen, Schließsysteme und Notrufanlagen zu erneuern, Gebäude einzuzäunen und Briefkästen als potenzielle Sprengstoff-Ablagen nach außen zu verlegen.
Millionenausgaben für mehr Sicherheit
Brief- und Gepäckdurchleuchtungsgeräte sollen für 650.000 Euro beschafft werden, für 441.000 Euro Schutzwesten und andere Ausrüstungsgegenstände für die Wachtmeister.
Sollte ein Justizmitarbeiter bedroht werden, können Namensschilder von den Türen und die Telefon- und Zimmernummer der bedrohten Person aus Verzeichnissen entfernt werden. Die Privatanschrift kann durch eine Sperre bei der Melderegisterauskunft geschützt werden. Gegebenenfalls gebe die Kriminalpolizei Gefährdungseinschätzungen ab.
Mit Schulungen und Merkblättern sollen die 11.500 Beschäftigten darauf vorbereitet werden, im Umgang mit „schwierigem Publikum“ so zu handeln, dass die Situation möglichst entschärft wird.
Weitere Maßnahmen seien nicht vorgesehen: „Sicherheitsrelevante Vorfälle treten zwar vereinzelt auf, dabei handelte es sich jedoch in der Regel um niederschwelligere Vorfälle, die keinen Bezug zur organisierten Kriminalität, zur islamistischen oder auch rechts- oder linksextremen Szene aufwiesen.“