Yesim A. (44) frisierte ihre Noten, deshalb wurde sie jetzt zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.
Yesim A. (44) frisierte ihre Noten, deshalb wurde sie jetzt zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Pressefoto Wagner

Die Juristin, die sich aus Gier nach Karriere und lukrativen Jobs auf die Anklagebank log: Yesim A. (44) frisierte ihre Noten und machte sich selbst zur Top-Juristin.

Nicht als taffe Juristin, eher verhuscht trat sie nun vor dem Amtsgericht auf – im Kapuzenpullover. Die Anwaltsrobe darf sie seit zwei Jahren nicht mehr tragen. Ihr Verteidiger verlas für sie eine Erklärung: „Ich bereue zutiefst. Ich habe einen Fehler gemacht, der sich verselbständigt hat.“ Und ihr Konto prächtig aussehen ließ: Um die 10.000 Euro Bruttogehalt monatlich brachten ihr Anstellungen ein, die sie zwischen 2015 und August 2020 bei drei renommierten und international bekannten Wirtschaftskanzleien ergatterte.

Yesmin A. hat Jura studiert. Schaffte das erste Staatsexamen mit 5,43 Punkten, das zweite mit 4,72 Punkten. Damit bekam sie gerade so jeweils die Note „ausreichend“. Viel zu wenig, um damit bei Spitzen-Kanzleien zu landen. Da müssen es in der Regel schon sogenannte Prädikatsexamen sein – die magische „9-Punkte-Schwelle“ muss überschritten werden, um auf „vollbefriedigend“ zu kommen. Die Schummel-Juristin: „Auf mehr als 100 Bewerbungen habe ich keine Zusage oder gar kein Feedback erhalten.“

Schummel-Juristin nahm sich auch ihr Abi-Zeugnis vor

Da habe sie sich an den Computer gesetzt. Zeugnisse eingescannt, mit einem Bildbearbeitungsprogramm frisiert – auf 9,52 und 9,00 Punkten für die juristischen Staatsexamen. Und auch ihr Abi-Zeugnis nahm sie sich bei der Gelegenheit vor: Notendurchschnitt von 3,2 auf 1,9 gebastelt. Die Angeklagte: „Ich bewarb mich elektronisch, wurde angenommen.“ Originale habe sie nicht vorlegen müssen.

Die Schummel-Juristin: „Es lief prima. Ich denke, ich war gut.“ Ihre Vorgesetzten seien im Grunde immer zufrieden gewesen mit ihr. Die Probezeiten habe sie stets geschafft. Sie sei der Meinung: Durch ihre Arbeit sei bei ihren damaligen Arbeitgebern kein finanzieller Schaden entstanden.

Die Staatsanwaltschaft hatte Anklage wegen gewerbsmäßigen Betrugs und Urkundenfälschung erhoben. Yesim A. habe sich drei Jobs erschlichen, „durch die sie ein den vorgetäuschten Noten entsprechendes weit überdurchschnittliches Bruttogehalt ausgezahlt bekam“. Brutto-Gehälter und dazu Summen, die vom Arbeitgeber für Sozialversicherungen gezahlt wurden: insgesamt 638.412 Euro.

Fristlos flog die Schummel-Juristin aus einer Berliner Top-Kanzlei

Der Schwindel der Wirtschaftsjuristin flog im August 2020 durch einen Tipp aus Baden-Württemberg auf. Yesim A. wurde zur Rede gestellt, flog fristlos aus einer Berliner Top-Kanzlei. Die Angeklagte: „Dann war ich ein Jahr arbeitslos, quasi in Schock-Starre.“ Sie habe sich in eine Psychotherapie begeben.

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Yesim A.: „Ich möchte mich bei allen entschuldigen.“ Das Gericht sah es bereits vor dem Prozess als problematisch an, von einem Betrug auszugehen. Der Richter: „Kein Vermögensschaden zu erkennen bei denen, die getäuscht wurden.“ Probezeiten bestanden, gute Arbeitszeugnisse – „da kann man nicht von schlechter Arbeit reden“. Was bleibt: Urkundenfälschung in drei Fällen.

Mit Zustimmung von Staatsanwalt und Verteidiger erfolgte das Urteil per Strafbefehl: Neun Monate Haft auf Bewährung. Die Juristin kann dagegen Einspruch einlegen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.