Geplündertes Geschäft in Stuttgart.
Geplündertes Geschäft in Stuttgart. Foto: Julian Rettig/dpa

Bei Straßenschlachten mit der Polizei haben in der Nacht zum Sonntag dutzende gewalttätige Kleingruppen die Stuttgarter Innenstadt verwüstet und mehrere Beamte verletzt. „Die Situation ist völlig außer Kontrolle“, sagte ein Polizeisprecher am frühen Sonntag in Stuttgart. Nach mehreren Stunden beruhigte sich die Situation am Morgen. Einsatzkräfte aus dem gesamten Bundesland waren in die Hauptstadt beordert worden, um die Lage unter Kontrolle zu bekommen.

Im Kurznachrichtendienst Twitter kursierten Videoaufzeichnungen von jungen Männern, die gegen Schaufensterscheiben von Geschäften traten oder Pflastersteine aus dem Boden rissen. Der Polizeisprecher sagte: „Es wurde richtig randaliert.“ Eine ganze Reihe von Geschäften seien betroffen gewesen, zudem Fahrzeuge. Es habe auch Plünderungen gegeben. Schwerpunkte seien der Schlossplatz und die benachbarte Königstraße gewesen, die als Stuttgarts Shoppingmeile bekannt ist.

Die Polizei sprach von mehreren hundert Menschen, die in Kleingruppen unterwegs gewesen seien. Am Sonntagnachmittag meldete die Polizei 19 verletzte Beamte. Einer von ihnen soll seit dem Einsatz dienstunfähig sein. 

Anlass für die heftigen Ausschreitungen war nach Angaben der Polizei offenbar die Kontrolle eines 17-jährigen Deutschen wegen eines Drogendelikts. Wie die Behörde in Stuttgart mitteilt, hätten sich im Rahmen der Kontrolle viele Menschen gegen die Polizei "solidarisiert", hätten diese mit Flaschen und Steinen beworfen, und seien dann in kleinen Gruppen in die Innenstadt gezogen.

Nach ersten Erkenntnissen der Polizei rekrutierten sich die rund 400 bis 500 Randalierer vor allem aus Menschen, die sich regelmäßig in den Abendstunden und Nächten am Eckensee in der Innenstadt sammelten. Eine Polizeisprecherin zum KURIER: "Das sind hauptsächlich junge Leute, die sonst in der Stadt feiern gehen und sich hier zum Vorglühen treffen." Einen politischen Hintergrund der Ausschreitungen schloss die Polizei aus. Es habe sich eher um Menschen aus der "Partyszene" gehandelt.

Auch auf vorbeifahrende Polizeiwagen hätten Randalierer Pflastersteine geworfen. Beamte seien „äußerst aggressiv angegangen, angegriffen und verletzt worden“, hieß es im Polizeibericht.

Insgesamt waren nach Angaben des Polizeipräsidiums Stuttgart mehr als 200 Beamte im Einsatz. Auch ein Polizeihubschrauber wurde eingesetzt. Erst gegen 3.00 Uhr sei die Lage wieder unter Kontrolle gewesen. 24 Menschen seien noch in der Nacht vorübergehend festgenommen worden, hieß es von der Polizei, die am Sonntagmorgen noch damit beschäftigt war, Spuren an den Tatorten zu suchen.

Am Sonntagmorgen hieß es, die Lage habe sich beruhigt. Zu sehen waren da noch die Schäden: So waren die Schaufensterscheiben mehrerer Handy-Läden eingeschlagen. Unter anderem waren auch ein Eiscafé auf der Königstraße und ein bekanntes Bekleidungsgeschäft nahe des Charlottenplatzes von der Randale betroffen. Zur Sicherheit bleibe die Polizei mit einem Großaufgebot in der Innenstadt präsent, sagte der Polizeisprecher am Morgen.

Auch an vergangenen Wochenenden war es zu Auseinandersetzungen von überwiegend jungen Menschen mit der Polizei gekommen - allerdings nicht in dem Ausmaß wie jetzt. Die Polizei äußerte sich zunächst nicht dazu, ob die Drahtzieher der jüngsten Zerstörungen polizeibekannten Szenen zuzurechnen sind. Vor einigen Tagen hatte die Stuttgarter Polizei nach Vorfällen am Rande einer Demonstration von Grenzüberschreitungen gesprochen. „Teile der linken Szene überschreiten hier gerade Linien, was wir für Stuttgart bisher so nicht gekannt haben“, sagte damals ein Polizeisprecher.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann sprach am Sonntag von einem "brutalen Ausbruch von Gewalt". "Diese Taten gegen Menschen und Sachen sind kriminelle Akte, die konsequent verfolgt und verurteilt gehören", teilte der Grünen-Politiker mit.

Um den Tätern für diese Randale-Nacht auf die Spur zu kommen, hat die Stuttgarter Polizei zudem ein Hinweisportal eingerichtet.  (dpa/AFP)