Polizei-Autos stehen vor dem Görlitzer Park.
Polizei-Autos stehen vor dem Görlitzer Park. Imago/Travel-Stock-Image

Laut einer Studie, bei der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mehrere Polizei-Teams über Wochen begleiteten, gibt es in Berlin kein Racial Profiling, also Kontrollen nur auf der Grundlage der Hautfarbe. Die Studienleiterin hielt es nicht für möglich, dass die Polizisten unter den Augen der Wissenschaftler anders handelten, als üblich. Ein Fall aus Kreuzberg, der nun vor Gericht entschieden wurde, lässt die Ergebnisse der Studie jedoch zweifelhaft erscheinen.

Beim Spaziergang im Görlitzer Park plötzlich kontrolliert

Die „taz“ berichtet über den Fall von Abubacarr. F., der bereits im Juni bei einem Spaziergang durch den Görlitzer Park unvermittelt von Polizisten angehalten und kontrolliert wurde. Andere Passanten, die nicht wie F. schwarz waren, seien demnach nicht kontrolliert worden. Doch mit der Kontrolle fing die Schikane, die letztendlich mit einem Freispruch vor Gericht endete, erst an.

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Denn die Polizisten zogen bei der Kontrolle die Papiere von Abubacarr F. ein und nahmen ihn mit auf die Wache. Dort soll der 25 Jahre alte Gambier beschuldigt worden sein, mit Drogen zu dealen. Die Polizisten erstatteten Anzeige. Und dann auch noch das: Wenige Tage später trudelte bei F. ein Strafbefehl ein, weil er sich ohne Aufenthaltserlaubnis in Deutschland aufgehalten haben soll. F. legte Einspruch ein und erklärte am Dienstag vor Gericht den Sachverhalt. 

Sein Ausweis war während der Kontrolle tatsächlich abgelaufen, illegal war er trotzdem nicht in Deutschland. Denn bereits zwei Monate vor der Kontrolle habe er einen Termin bei der Ausländerbehörde gemacht, um seine Papiere zu verlängern. Der Termin ließ aber – wie bei allen Berliner Behörden – auf sich warten. Auf der Terminbestätigung war aber klar vermerkt, dass der abgelaufene Ausweis bis zum Behördentermin seine Gültigkeit behalte.

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Laut Abubakarr F. hätten sich die Polizisten dafür nicht interessiert, sie hätten seine Fingerabdrücke genommen und seinen Ausweis einkassiert. Für den Gambier, der bereits zuvor schon ohne Anlass von Polizisten kontrolliert worden war, eine unangenehme Situation, ohne Ausweis durch Berlin zu laufen, wo ihm jederzeit wieder eine Kontrolle drohen könnte. Beim Versuch, noch einmal zum Polizeiabschnitt in Friedrichshain zu gehen, um seine Papiere zurückzubekommen, habe es laut dem „taz“-Bericht nicht den Ausweis, sondern weitere rassistische Demütigungen gegeben.

Staatsanwaltschaft: Zu diesem Termin hätte es nicht kommen dürfen

Vor Gericht waren sich dann schnell alle einig, dass diese Verhandlung nur mit einem Freispruch enden konnten. Auch die Staatsanwältin räumte ein, dass der Gerichtstermin gar nicht hätte zustande kommen dürfen. Vor dem Freispruch standen jedoch Wochen und Monate der Unsicherheit, die emotionalen Wunden hinterlassen haben und den Anfang nahm alles mit der Kontrolle im Görlitzer Park. 

„Das war eine rassistische Polizeikontrolle, er wurde nur wegen seiner Hautfarbe für einen Drogendealer gehalten“, ist sich F.s Anwältin Ilil Friedmann im Gespräch mit der „taz“ sicher und prangert nicht nur die kontrollierenden Polizisten, sondern auch die Staatsanwaltschaft und die Richterin an, die den Strafbefehl zunächst unterzeichnen hatten. „Wenn hier Unkenntnis vorlag, dann war sie rassistisch bedingt“, so Friedmann, die von einer großen Dunkelziffer ähnlicher Fälle ausgeht. 

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Aufgrund des Falles von Abubakarr F. will die Kampagne für Opfer rassistischer Polizeigewalt (KOP) nun eine Beschwerde wegen Diskriminierung einlegen. „Die Polizisten sehen einen Schwarzen Mann im Görli und halten ihn automatisch für einen Drogendealer. Diese Sichtweise gehört abgeschafft“, zitiert die „taz“ einen Sprecher. Seit 2020 gibt es in Berlin das Landesantidiskriminierungsgesetzt, das es betroffenen ermöglicht, gegen staatliche Diskriminierung vorzugehen.