Attacken auf Politiker
Neue Zahlen erschrecken: Jeden zweiten Tag Brutal-Gewalt gegen Politiker!
Oft werden in Berlin auch Politiker-Büros attackiert. Am meisten betroffen sind Büros der Grünen und der SPD. Das geht aus einer aktuellen Statistik der Polizei hervor.

Politiker werden in Berlin weiter häufig Opfer von Gewalt. Manchmal sind sie selbst betroffen, ein anderes Mal ihre Büros. Das erschreckende Ausmaß der Gewalt beschreibt eine neue Statistik der Polizei. Doch es gibt auch eine gute Nachricht.
Etwa jeden zweiten Tag wird in Berlin eine Attacke auf Politiker oder auf Parteibüros verübt. Das geht aus einer aktuellen Statistik der Polizei hervor, die der Deutschen Presse- Agentur vorliegt.
Demnach zählte die Polizei im ersten Halbjahr 38 Angriffe auf Parteieinrichtungen. Das waren 20 mehr als im Vorjahreszeitraum (Gesamtjahr 2022: 61). In fast allen Fällen ging es um den Verdacht der Sachbeschädigung, am meisten betroffen waren Büros der Grünen (18) und SPD (9).
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Angriffe auf Politiker, nahezu ausschließlich verbaler Natur, zählte die Berliner Polizei im ersten Halbjahr 66. Das waren deutlich weniger als im Vorjahreszeitraum, als in 148 solcher Fälle ermittelt wurde (Gesamtjahr 2022: 283).
Besonders betroffen sind Politiker der FDP
Bei den meisten Fällen 2023 handelte es sich laut Statistik um Beleidigung/üble Nachrede/Verleumdung. Vereinzelt ging es auch um andere Straftaten wie Volksverhetzung oder Bedrohung. Besonders betroffen waren Politiker der FDP (20) und der Grünen (19).
Laut Polizei handelt es sich bei der Halbjahresstatistik 2023 um vorläufige Zahlen, in die noch nicht alle bekannt gewordenen Fälle eingeflossen sind. Die Statistik umfasst Attacken auf die Landes- und Bundesparteien und ihre Vertreter in Berlin.

Politiker sehen ein ernstes gesellschaftliches Problem. „Angriffe auf Parteien und politische Organisationen untergraben die Grundwerte unserer Gesellschaft, indem versucht wird, demokratische Prozesse auszuhöhlen und Angst unter politisch engagierten Menschen zu schüren“, sagte die Grünen-Landesvorsitzende Susanne Mertens der dpa.
„Seit 2021 haben die Übergriffe und Vandalismus spürbar zugenommen“, schilderte sie ihre Wahrnehmung. „Desinformation, Populismus und teilweise hetzerische Rhetorik vergiften die politische Debatte und befeuern so die gesellschaftliche Spaltung.“ Die aufgeheizte Stimmung sei besorgniserregend.
Attacken auf Politiker bedrohen die Demokratie
Im ersten Halbjahr zählten Berlins Grüne selbst mehr als 20 Vorfälle, darunter Vandalismus und Schmierereien im Zusammenhang mit Partei- oder Abgeordnetenbüros und Drohungen gegen Politiker. Anfeindungen im Netz seien nicht mitgezählt. „Besonders während des Wahlkampfs im Januar und Februar haben sich Vorfälle gehäuft, und mindestens 15 Prozent der Wahlplakate wurden beschmiert, beschädigt oder abgerissen“, sagte Mertens. „Einmal kam es in diesem Jahr auf einer Parteiveranstaltung zu einem gewalttätigen Übergriff, bei dem der Täter festgenommen werden konnte.“
Auch die Linke nannte einige Beispiele. In Spandau werde regelmäßig die Scheibe der Geschäftsstelle bespuckt, in Neukölln gebe es auf einem Schaukasten öfter Aufkleber zum Teil mit rechten oder coronaleugnenden Inhalten. In Charlottenburg-Wilmersdorf habe jemand im März 2023 einen Stein auf die Schaufensterscheibe eines Parteibüros geschleudert, während dahinter der Bezirksvorstand tagte. Im April griff ein Unbekannter nach damaligen Angaben der Polizei einen Mitarbeiter des Linke-Abgeordneten Niklas Schrader an dessen Wahlkreisbüro in Neukölln an, bedrohte, beleidigte und schlug ihn.
Ton gegenüber Politikern wir rauer
„Wir beobachten mit Sorge, dass der Ton rauer wird, ob im Netz oder am Infostand“, sagte der stellvertretende Linke-Landesvorsitzende Bjoern Tielebein der dpa. „Die zunehmende gesellschaftliche Polarisierung ist eine gefährliche Entwicklung und bedroht die Demokratie. Hier sind alle demokratischen Parteien gefragt.“ Auf Hetze und Hassrede im Internet folgten irgendwann auch Taten.
Auch bei der SPD gehören beispielsweise Farbanschläge oder zerbrochene Fenster nach den Worten von Landesgeschäftsführer Sven Heinemann fast schon zum Alltag. „Trotzdem ist jeder einzelne Vorfall zu verurteilen, weil er ein Angriff auf unsere Demokratie ist.“ Im Juni habe die Gewalt eine neue Dimension erreicht, so Heinemann. Damals wurde die Scheibe des Abgeordnetenbüros von Melanie Kühnemann-Grunow in Lichtenrade beschädigt. Die SPD vermutet, dass nachts jemand mit einem Druckluftgewehr auf das Büro gefeuert hat, in dem sich zu diesem Zeitpunkt niemand befand.
Bundesweit registrierten Ermittler im ersten Halbjahr laut Innenministerium 739 Angriffe auf Repräsentanten der im Bundestag vertretenen Parteien. Hinzu kommen 281 Angriffe auf Parteibüros.
Gründe, warum sich das politische Klima in Berlin radikalisiert, gibt es viele.
Politische Polarisierung: Die politische Polarisierung hat zugenommen, was bedeutet, dass die Meinungen und Standpunkte der Menschen stärker auseinandergehen. Dies führt zu einer erhitzten Rhetorik, weil politische Diskussionen stark emotionalisiert werden.
Soziale Medien und Online-Kommunikation: Die Verbreitung von sozialen Medien hat es einfacher gemacht, Meinungen öffentlich kundzutun. Anonymität im Internet führe dazu, dass Menschen aggressiver auftreten und eine härtere Sprache verwenden, da sie weniger direkte Konsequenzen fürchten müssen.
Misstrauen gegenüber der Regierung: Wenn Menschen das Gefühl haben, dass die Regierung oder Politiker nicht auf ihre Bedürfnisse und Anliegen eingehen (Stichworte Inflation oder auch Migration), kann dies zu Frustration und Verärgerung führen. Dies wiederum äußert sich in rauerer Rhetorik und negativeren Einstellungen gegenüber Politikern.
Kontroverse politische Entscheidungen: Politiker müssen oft schwierige Entscheidungen treffen, die nicht allen gefallen. Kontroverse Entscheidungen führen zu öffentlicher Kritik und Unmut, was zu einem schärferen Ton in den Diskussionen beiträgt.
Medienlandschaft: Die Art und Weise, wie manche Medien über politische Angelegenheiten berichten, kann die öffentliche Meinung beeinflussen. Polarisierende Berichterstattung trägt nachweislich zu einer erhöhten Spannung in den Debatten bei.
Wirtschaftliche Unsicherheit und soziale Ungerechtigkeit: Wenn Menschen das Gefühl haben, dass politische Entscheidungen ihre wirtschaftliche Sicherheit oder soziale Gerechtigkeit beeinträchtigen, führt dies oft zu einem verstärkten Ausdruck von Wut und Frustration.
Gefühl der Entfremdung: Manche Bürger haben das Gefühl, dass Politiker weit entfernt von ihren tatsächlichen Lebensrealitäten agieren und daher nicht angemessen auf ihre Bedürfnisse reagieren. Dies führt schnell zu einem Ton der Entfremdung und des Unverständnisses.