Wusste der Clan schon seit einer Woche von der bevorstehenden Razzia?

Nach den Festnahmen wegen des Millionenraubs im Grünen Gewölbe in Dresden sind zwei Verdächtige noch immer auf der Flucht: Bei den gesuchten Männern handelt es sich nach Angaben der Polizei um die Zwillinge Abdul Majed Remmo und Mohamed Remmo (21). Einer der beiden könnte mit einem grauen Renault Megane (B-HB 306) neuerer Bauart unterwegs sein. Hinweise zu den Flüchtigen nimmt jeder Polizist entgegen.
Gegen die drei am Mittwochmorgen in Berlin festgenommenen Männer hat ein Richter inzwischen Haftbefehl erlassen. Mehr als 1600 Polizisten hatten am Dienstag in Berlin 20 Wohnungen, zwei Garagen, ein Café sowie mehrere Fahrzeuge durchsucht. Die Beamten beschlagnahmten unter anderem Computer, Handys und andere Datenträger. Die Auswertung nehme einige Zeit in Anspruch, sagte der Sprecher. „Die gestohlenen Kunstschätze wurden bislang nicht aufgefunden.“
Lesen Sie auch: 23-jähriger Juwelendieb hätte eigentlich im Gefängnis sitzen müssen
Derweil wird innerhalb der arabischstämmigen Großfamilien in Berlin die Erzählung kolportiert, dass man schon seit einer Woche auf die Polizei gewartet habe. „Jeder, der zu Hause irgendwas hatte, hat es in Sicherheit gebracht“, sagte ein Familienmitglied dem KURIER. „Deshalb haben sie keine Waffen oder Uhren oder teure Wertgegenstände gefunden.“ Die Angehörigen des betroffenen Clans sollen angeblich bemerkt haben, wie sie von Beamten in Zivil observiert wurden – „Zum Beispiel immer dasselbe Auto, drin ein angeblich verliebtes Ehepaar, hinten ein Kindersitz mit einer Puppe drauf“, behauptet einer.
Ob diese Geschichten stimmen, ist unklar. „Sie stimmen nicht“, sagt Thomas Geithner, Sprecher der Dresdner Polizei. „Sonst hätten wir nicht drei Festnahmen gehabt. Solche Bekundungen sehe ich nicht als realistisch an.“
Wusste der Clan schon seit einer Woche von der Razzia?
Sachsens Kulturministerin Barbara Klepsch (CDU) äußerte sich nach der Razzia erleichtert: „Jetzt endlich dürfen wir Hoffnung haben, die gestohlenen Juwelen zurückzubekommen. Sie haben nicht nur einen unschätzbaren materiellen Wert, sondern auch einen hohen ideellen Wert für unsere Kultur.“
Wesentlich pessimistischer ist dagegen Stephan Zilkens, Makler für Kunstversicherungen in Köln. Er glaubt nicht, dass das Diebesgut jemals wiedergefunden wird. „Es wird einen ähnlichen Weg gehen wie die Goldmünze aus dem Bode-Museum, die vermutlich eingeschmolzen wurde“, sagt er. „Ich fürchte, dieser fantastische Schatz ist verloren.“ Zilkens glaubt, dass die Steine inzwischen herausgebrochen und umgeschliffen wurden und damit nicht mehr als die aus dem Grünen Gewölbe zu erkennen sind. Kriminelle, so Zilkens, würden nicht an den historischen, sondern an den materiellen Wert denken. „Wenn man einen Vierzigkaräter schleift, dann bleiben noch 30 übrig. Und auch die Splitter, die beim Schleifen anfallen, kann man noch verwerten“, sagt er.