Prozess : Vermisste Georgine Krüger: Lebenslänglich für Ali K. gefordert
Das rätselhafte Verschwinden von Georgine Krüger war über Jahre einer der bekanntesten Vermisstenfälle in Deutschland.

Im Prozess um die im Jahr 2006 verschwundene Schülerin Georgine Krüger hat der Staatsanwalt am Dienstag für den angeklagten Ali K. eine lebenslange Freiheitsstrafe sowie die Anerkennung der besonderen Schwere der Schuld gefordert. Nach Ansicht des Staatsanwalts Martin Glage habe sich der 44-Jährige der besonders schweren Vergewaltigung und des Mordes schuldig gemacht.
Demnach habe Ali K., ein Nachbar der Familie Krüger, am 25. September 2006 die 14-jährige Georgine gegen 13.50 Uhr wie geplant abgepasst. Das als hilfsbereit geltende Mädchen war damals auf dem Heimweg von der Schule. Ali K. soll mit Tüten vor seinem Hauseingang in der Stendaler Straße in Moabit gestanden und das Mädchen gebeten haben, ihm zu helfen, die Tüten in seinen Keller zu tragen.
Im Keller habe Ali K. das Licht ausgeknipst, die Schülerin mit einem Metallgegenstand bewusstlos geschlagen, sie anschließend ausgezogen und vergewaltigt, so Glage. Zur Verdeckung der Tat soll der dreifache Familienvater das Mädchen erwürgt haben. „Er wickelte den Leichnam in einen Teppich und entsorgte ihn im Hausmüll“, sagt der Staatsanwalt. Im Prozess hatte der Angeklagte zu den Vorwürfen geschwiegen.
Drei verdeckte Ermittler angesetzt
Erst 2016 waren die Fahnder auf den wegen sexueller Nötigung einer Jugendlichen vorbestraften Ali K. aufmerksam geworden. Die Handyauswertung ergab, dass das Telefon des Gelegenheitsarbeiters zur Tatzeit in derselben Funkzelle eingeloggt war wie das Handy der vermissten Schülerin. Daraufhin wurden drei verdeckte Ermittler auf Ali K. angesetzt.
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Die verdeckten Ermittler wurden Freunde von Ali K. Sie luden ihn und seine Familie ein, sie machten Geschenke. Sie beeindruckten den Angeklagten mit ihrem angeblichen Reichtum. Sie seien damals in das Lebensumfeld des Angeklagten eingedrungen, wie es der Staatsanwalt beschreibt. Dies gehöre nach dem Gesetz zu den ermittlungstaktischen Befugnissen verdeckter Ermittler. „Das kann man hinterlistig nennen, das sieht das Gesetz bei schweren Straftaten aber vor.“ Die Ermittler hätten nicht ihre Grenzen überschritten.
Einem der Ermittler, der sich Kara nannte, gestand der Angeklagte schließlich den Mord an Georgine. Das Geständnis wurde auf Tonband aufgezeichnet. Ali K. habe den Tod Georgines detailliert geschildert, selbst mit der Reaktionen des sterbenden Mädchens. Das habe sich niemand ausdenken können, sagt Glage. „Es war klassisches Täterwissen.“
Besonderheit: Ein Fall ohne Leiche
Georgines Mutter, die Schwester und der Bruder der vermissten Jugendlichen sind in dem Prozess Nebenkläger. Ihre Anwälte schlossen sich dem Antrag des Staatsanwalts an. Roland Weber, der die Mutter vertritt, sagt, der Fall weise eine absolute Besonderheit auf. Es sei ein Fall ohne Leiche.
Deswegen könne Georgines Mutter nicht abschließen. „Es ist für sie schwer zu erfassen, ob ihre Tochter getötet wurde oder ob sie ein Fünkchen Hoffnung haben soll, dass Georgine noch lebt“, sagt Weber. Er sei davon überzeugt, dass das Mädchen so zu Tode gekommen sei, wie es der Staatsanwalt geschildert habe.
Die Verteidigung des Angeklagten fordert für ihren Mandanten Freispruch und Haftentschädigung.
Ein Urteil in dem Verfahren wird in der kommenden Woche erwartet. Folgt die Kammer der Forderung des Staatsanwalts, dann kann Ali K. durch die besondere Schwere der Schuld nicht nach 15 Jahren auf Bewährung aus der Haft entlassen werden.