Bushido mit seinem Rechtsanwalt vor Gericht
Bushido mit seinem Rechtsanwalt vor Gericht Foto: dpa

Berlin - Warum kauft man sich mit einem Bekannten, den man nicht mehr mag, ein Grundstück? Warum will man gemeinsam dorthin ziehen, wenn das Verhältnis zum einst besten Freund erheblich zerrüttet ist? „Das passt alles nicht“, stellt die beisitzende Richterin der 38. Großen Strafkammer des Berliner Landgerichts an diesem Montag fest. Die Fragen gehen an Bushido. Der Rapper ist erneut Zeuge, um gegen seinen einst besten Freund auszusagen: Clanchef Arafat Abou-Chaker, der zusammen mit dreien seiner Brüder auf der Anklagebank sitzt.

Bei den Fragen der Richterin an Bushido geht es um das Grundstück mit zwei Villen im brandenburgischen Kleinmachnow, das Abou-Chaker und Bushido 2011 zusammen erwarben, auf denen beide Familien jahrelang nebeneinander lebten. Bushido, mit bürgerlichem Namen Anis Ferchichi, der nach eigenen Worten eine „ungebremste Monologfähigkeit“ hat, ist um keine Antwort verlegen.

Bushido erzählt, dass er sich ab 2010 von Abou-Chaker abhängig und immer unfreier gefühlt habe. Zum Immobilienkauf sagt er: „Es ist so, als wenn sie zwangsverheiratet würden.“ Es sei eine Beziehung, die man nicht eingehen wolle. Man richte sich irgendwann aber so ein, dass die Situation lebenswert werde. Schließlich habe er bis August 2017 gedacht, dass er aus den geschäftlichen Beziehungen zu Arafat Abou-Chaker niemals herauskommen werde.

Der Prozess dreht sich um die private und geschäftliche Trennung von dem Clanchef, die Bushido im Herbst 2017 verkündet hatte. Abou-Chaker soll diese nicht akzeptiert und ein Vermögen von dem Musiker verlangt haben, schließlich rabiat geworden sein. In dem Prozess gegen Arafat Abou-Chaker und drei seiner Brüder geht es um versuchte schwere räuberische Erpressung, Freiheitsberaubung, gefährliche Körperverletzung, Nötigung, Beleidigung und Untreue zum Nachteil Bushidos. Der Rapper soll bei Gesprächen über seinen Ausstieg aus den Geschäftsbeziehungen beschimpft, mit einer Wasserflasche und einem Stuhl attackiert und leicht verletzt worden sein. Bushido, der in dem Verfahren Nebenkläger ist, kommt jeden Verhandlungstag unter Polizeischutz in den Gerichtssaal. Die Angeklagten haben bisher geschwiegen.

An diesem Montag, dem sechsten Prozesstag, geht es erneut um die Beziehung zwischen Bushido und Abou-Chaker, um Verträge und eine Generalvollmacht, die Bushido dem einstigen Freund erteilt haben  soll und die er über die Jahre vergessen haben will. Arafat Abou-Chaker hatte dem aufsteigenden Rapper im Jahr 2004 offenbar auf recht unorthodoxe Weise „geholfen“, aus einem Plattenvertrag zu kommen. Und er half dem Gangsta-Rapper mit seinem Auftreten, sein Image in der Szene als böser Junge aufzupolieren und das „Mafia-Prinzip“ zu bedienen. Beide profitierten voneinander.

Für seine Hilfe verlangte der Clanchef laut Bushido 30 Prozent der Einnahmen aus dem Musikgeschäft. Hinterlegt waren die Forderungen in einem Managervertrag, den beide 2007 schlossen. Auf diese Weise soll der 44-jährige Abou-Chaker rund neun Millionen Euro von dem Rapper erhalten haben. Womit er gerechnet habe, wenn er nicht gezahlt hätte, will die Vertreterin der Staatsanwaltschaft wissen. „Nicht mit einem Abmahnungsschreiben, sondern mit verbalen und körperlichen Einwirkungen“, antwortet der Zeuge.

Bushido ist durchaus wortgewandt. Er erzählt, dass er in den Unterlagen, die er 2018 von der Steuerfahndung abholen konnte, einen zweiten, fast wortgleichen Managervertrag gefunden habe. Darunter habe sich auch seine Unterschrift befunden, die aber „schon Merkwürdigkeiten“ aufweise. Was anders war an dem Vertrag, war eine Zahl: Abou-Chaker verlangte darin nicht nur 30 Prozent, sondern 50 Prozent der Einnahmen. Zudem sei eine Vereinbarung Abou-Chakers „mit sich selbst“ aufgetaucht, die dem Clanchef alle Rechte am Werk des Musikers einräume - über dessen Tod hinaus. Bushido nennt diese Vereinbarung absurd. „Wenn es so etwas geben würde, dann hätte es nicht dies Auseinandersetzung gegeben. Dann hätte Herr Abou-Chaker einfach nur sagen brauchen: Schau her, hier ist die Vereinbarung.“

Es wird nicht der letzte Verhandlungstag sein, in dem Bushido auf der Zeugenbank sitzt. Es ist auch nicht das einzige Gerichtsverfahren, in dem sich die einstigen Intimfreunde nun als ärgste Widersacher begegnen. Vor dem Berliner Landgericht läuft vor einer Zivilkammer ein Verfahren wegen abgeschlossener Verträge und Vereinbarungen.

Und am Amtsgericht Potsdam läuft das Verfahren zur Zwangsversteigerung des gemeinsamen, 16.000 Quadratmeter großen Grundstücks in Kleinmachnow. Ein Gutachter habe den Verkehrswert ermittelt, sagt ein Gerichtssprecher. Das Gutachten sei noch nicht rechtskräftig, weil beide Parteien dagegen noch Beschwerde einlegen könnten. Einen Termin für die Zwangsversteigerung werde es nicht vor Januar nächsten Jahres geben.