Antidiskriminierungsgesetz
Polizisten wollen nicht in Berlin aushelfen
Immer mehr Politiker fordern, keine Polizisten mehr zu Großeinsätzen in der Hauptstadt zu entsenden.

Immer mehr Politiker fordern, keine Polizisten mehr zu Großeinsätzen in der Hauptstadt zu entsenden. Grund ist das umstrittene Antidiskriminierungsgesetz, das das Berliner Abgeordnetenhaus am vergangenen Donnerstag mit den Stimmen von Rot-Rot-Grün beschlossen hat. Die mitregierende FDP in Schleswig-Holstein fordert jetzt ihre Landesregierung auf, bis auf weiteres die eigenen Polizisten zu Hause zu lassen.
„Das war ein schlechter Tag für die Polizei in Berlin und wirft auch für uns in Schleswig-Holstein schwerwiegende Fragen auf“, sagt der FDP-Innenpolitiker und Polizeibeamte Jörg Hansen.
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Das bisher in Deutschland einmalige Gesetz soll Menschen vor Diskriminierung von Seiten der Behörden schützen und auch Schadenersatzansprüche gegen das Land Berlin ermöglichen. Kritiker befürchten, es führe zu einer Klagewelle, zu Regressansprüchen gegen Mitarbeiter und stelle die Mitarbeiter der Verwaltung und besonders der Polizei unter Generalverdacht. Denn laut einer im Gesetz formulierten Vermutungsregelung muss die Behörde bei entsprechenden Vorwürfen beweisen, dass sie nicht diskriminiert hat. Es sei nicht hinnehmbar, dass Polizisten bei Einsätzen in Berlin von diesem Generalverdacht betroffen wären und sich gar Verbandsklagen gegenübersehen, die das Gesetz ebenfalls einführt, so Hansen. Alle öffentlichen Stellen seien an Recht und Gesetz gebunden.
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Bereits am Wochenende hatte sich Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) kritisch geäußert. Über den Umgang mit dem Berliner Gesetz solle in diesem Monat auf der Innenministerkonferenz gesprochen werden. Das Gesetz enthalte eine Beweislastumkehr zu Ungunsten der Polizei. „Das halte ich für unanständig.“
Bayern lässt prüfen, ob Polizisten nach Berlin entsandt werden können
Bayerns Innenminister Joachim Hermann (CSU) lässt sogar schon juristisch prüfen, ob seine Polizisten weiter nach Berlin entsandt werden können. Auch in anderen von der Union geführten Innenministerien brodelt es. Die Gewerkschaft der Polizei führt derzeit nach eigenen Angaben Gespräche mit den Innenministern von Bayern, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen mit dem Ziel, bis auf Weiteres keine Polizisten mehr nach Berlin zu schicken.
Allerdings ist die Amtshilfe gesetzlich geregelt. So enthalten die Polizeigesetze der Länder fast gleichlautende Regelungen, wonach einer Anforderung von Polizeikräften durch ein anderes Land oder den Bund zu entsprechen ist, „soweit nicht die Verwendung der Polizei im eigenen Lande dringender ist“.
Martin Pallgen, Sprecher von SPD-Innensenator Andreas Geisel, verweist auf Artikel 35 des Grundgesetzes, nach dem ein Land zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung Polizeiunterstützung anfordern kann. Und Sebastian Brux, Sprecher von Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) in dessen Haus das Gesetz erarbeitet wurde, sagt: „Eine Verweigerung aus politischen Gründen kommt nicht in Betracht.“ Er verweist auf das Verwaltungsverfahrensgesetz. Dort schreibt der Paragraf 5 vor, dass die ersuchte Behörde Hilfe nicht zu leisten braucht, „wenn sie diese nur mit unverhältnismäßig großem Aufwand leisten könnte“. In der Praxis bedeutete dies schon mehrfach, dass ein Bundesland keine Einheiten entsenden konnte, weil es selbst eine „Großlage“ hatte, etwa einen Neonaziaufmarsch oder eine Großrazzia gegen Clans.