Das Gesundbrunnen-Center war Ziel eines geplanten Attentats unter Beteiligung des Breitscheidplatz-Attentäters Anis Amri.
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Das Gesundbrunnen-Center war Ziel eines geplanten Attentats unter Beteiligung des Breitscheidplatz-Attentäters Anis Amri.

Die eher zufällige Verhinderung eines islamistischen Terroranschlags mit Beteiligung von Anis Amri auf das Berliner Gesundbrunnen-Einkaufscenter im Jahr 2016 hing mit einer weiteren Panne der damaligen Polizei-Ermittlungen zusammen. Das ging aus Aussagen eines Berliner Kriminalpolizisten im Amri-Untersuchungsausschuss des Bundestags am Donnerstag hervor.

Am 26. Oktober 2016 hatten Polizisten an der Berliner Wohnung eines Islamisten geklingelt, um indirekt die Identität eines zweiten Mannes in der Wohnung festzustellen, erklärte der Hauptkommissar, der Observationsteams zur Überwachung von Kriminellen leitet. Dieser zweite Mann war der später in Frankreich gefasste Islamist Clement B., der beim Auftauchen der Streifenpolizisten an der Wohnungstür über den Balkon flüchtete und kurz darauf auch aus Deutschland verschwand und den Anschlag in Berlin unterließ.

Nun stellte sich heraus, dass das Landeskriminalamt (LKA) damals Clement B. längst als Bekannten des später verurteilten Wohnungsmieters Magomed-Ali C. kannte. Das Observationsteam am 26. Oktober habe das aber nicht gewusst und deshalb die Klingelaktion mit dem Vorwand «Lärmbelästigung» gestartet, was letztlich den geplanten Anschlag verhinderte. Auch dass die beiden Islamisten in der Wohnung den hochgefährlichen Sprengstoff TATP lagerten, sei ihnen nicht bekannt gewesen, sagte der Polizist, der den Einsatz leitete, selber aber nicht vor Ort war.

Die Linke-Abgeordnete Martina Renner legte im Ausschuss Fotos aus den Akten des LKA vor, die die beiden Islamisten bereits im September 2016 nahe der Wohnung gemeinsam zeigten. Es hätte klar sein müssen, dass sie gemeinsam in der Wohnung verkehrten, sagte sie. Der Einsatz mit dem Klingeln sei daher «im Sinne der Gefahrenabwehr und Prävention komplett an die Wand gefahren».

Der Kommissar gab zu, er habe im Oktober von den Erkenntnissen aus dem September nichts gewusst. Sonst hätte man nicht geklingelt. Auch die Person Clement B. sei ihm nicht bekannt gewesen, ebenso wenig dass er damals regelmäßig den beobachteten Magomed-Ali C. traf. «Vielleicht war ich auch nicht gut informiert.»

Clement B. hatte damals auch engen Kontakt zu Anis Amri, dem späteren Attentäter vom Berliner Weihnachtsmarkt. Der brach erst ab, als Clement B. nach Frankreich floh. Amri verfolgte daraufhin seinen eigenen Anschlagsplan. Clement B. wurde später in Frankreich gefasst. Der Plan mit dem Gesundbrunnen-Einkaufszentrum wurde erst 2018 durch ein abgehörtes Telefongespräch bekannt.

Amri entführte am 19. Dezember 2016 einen Lastwagen und fuhr ihn in den Weihnachtsmarkt an der Berliner Gedächtniskirche. Elf Menschen starben, Dutzende wurden verletzt. Außerdem tötete Amri den Lastwagenfahrer. Er selbst wurde auf der Flucht in Italien erschossen.