Die Frakturschrift an dem klassizistischen Gebäude erinnert noch an die Post, wie wir sie früher kannten.
Die Frakturschrift an dem klassizistischen Gebäude erinnert noch an die Post, wie wir sie früher kannten. Imago/stock&people

Unser Postbote ist prima. Ach nee, so sagt man das ja nicht mehr, er ist ein DHL-Paketzusteller. Aber prima finde ich ihn trotzdem. Freundlich, gutgelaunt, umsichtig - manchmal kommt er sogar ein zweites Mal wegen ein und desselben Päckchens.

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Sollte auch dann keiner da sein, gibt er es bei einem Nachbarn im Haus ab. Doch vergangene Woche hat er uns offenbar mehrmals verpasst, und bei den Nachbarn war auch niemand daheim. Er wurde seine Sendung einfach nicht los.  

Deshalb hatten wir seit langem mal wieder eine Benachrichtigung im Briefkasten. Das Päckchen könne im DHL-Shop um die Ecke abgeholt werden. Fast wäre ich fälschlicherweise zur großen alten Post in Pankow gegangen. Das  herrschaftliche Gebäude in der Berliner Straße, erbaut von der Reichspost zwischen 1923 und 1925. Zu den großen technischen Errungenschaften damals gehörte der Anschluss ans Berliner Rohrpostnetz. Ich frage mich, wer heute noch weiß, was eine Rohrpost ist?   

Wer weiß heute noch, was eine Rohrpostanlage ist? 
Wer weiß heute noch, was eine Rohrpostanlage ist?  imago

Überhaupt, die alten repräsentativen Postgebäude. Wenn man sie vor den Postreformen der 1990er betrat, hatte es immer was Offizielles und beruhigend oder einschüchternd Preußisch-Korrektes. Amtsstuben-Atmosphäre eben. Ich vermute, da waren sich Osten und Westen gar nicht so unähnlich.    

Bei der Post wurde emsig gestempelt

Ich erinnere mich an das Hauptpostamt in meiner brandenburgischen Heimatstadt. Es stand genau neben der Polytechnischen Oberschule, und nach Schulschluss sind wir oft durch die von einem schweren Vorhang abgeschirmte altmodische Drehtür mit ihren güldenen Beschlägen gegangen, etwa um uns neue Briefmarken in einer Glasvitrine anzuschauen. Oder um neugierig zu beobachten, was die fast völlig hinter Milchglasscheiben in ihren Schaltern verborgenen Postmitarbeiter so trieben. Sehen konnte man wenig, aber dass eifrig  gestempelt wurde, war immer gut zu hören. 

Heute ist die Post dort schon lange ausgezogen, wie auch aus vielen ihrer beeindruckenden Gebäude in Berlin. In meiner Heimatstadt rätseln die Leute, was denn nun wird mit dem großen Haus gegenüber dem Bahnhof.  Mal ist in Zeitungsberichten die Rede von Wohnungen, ein andermal sollen Co-Working-Spaces einziehen. Noch aber steht es leer.  Und döst vor sich hin. 

Aber zurück nach Pankow. In dem schlichten Postladen, in den ich dann mit meinem Päckchen-Abholschein gegangen bin, tragen die Mitarbeiter als eine Art Uniform gelbe Sweatshirts. Und sie verwalten zwar allerlei Post-Dienstleistungen, bieten aber auch ein Sammelsurium anderer Dinge feil – wie Stifte, Blöcke und Katzenkalender. 

Im DHL-Shop gibt es die strenge Frage nach einer Vollmacht

Doch den einstigen Ton von preußischen Postbeamten, den haben sie dennoch gut drauf: Etwa wenn eine Mitarbeiterin mich streng fragt: „Eine Vollmacht können Sie vorweisen?“ Konnte ich zum Glück, so dass ich zufrieden mit dem Päckchen unterm Arm den Laden verlassen konnte. Ich freue mich dennoch darauf, wenn „unser“ Postbote wieder bei uns klingelt.