Kolumne
„Ylenia“ und „Zeynep“: Wie mich ein Meteorologe durch stürmische Nächte begleitete
Während der Unwetter der vergangenen Woche fand unsere Autorin Trost bei einem unermüdlichen Wetter-Erklärer

Der Wind heult am Abend ums Haus, rüttelt am Dachfirst, und ich kann nicht schlafen. Das ging mir vergangene Woche zweimal so. Sturmtiefs versprachen wehende Unbill. Im Ohr und auf dem Handy habe ich nichts Gutes verheißende Unwetterwarnungen.
Den Balkon haben wir zwar sturmsicher gemacht. Doch ich sorge mich wegen der Linde an der Straße, wegen der Robinien im Hinterhof und um die Blaufichte im Brandenburger Garten sowieso. Wird einer der Bäume den Sturmböen nachgeben, abknicken oder gar mitsamt der Wurzel aus der Erde brechen? Ich habe etwas Angst. Wie viele andere sicher auch.
In Erwartung des Sturmtiefs „Ylenia“
Deshalb klicke ich mich in Erwartung des Tiefs „Ylenia“ durch sämtliche Wetterdienste im Netz, lese Vorhersagen und Prognosen, vergleiche Windstärken und stoße auf Erinnerungen an die Hamburger Sturmflutnacht von 1962. Aber das alles reicht mir nicht. Ich will wissen, was genau jetzt und in den nächsten Stunden passiert. Dann lande ich zufällig beim Live-TV von „Kachelmann-Wetter“.
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In dem erläutert der Meteorologe Fabian Ruhnau, was gerade in Deutschland passiert, wo es eben besonders stürmisch war, in welche Richtung „Ylenia“ zieht, und in welchen Gegenden es in Bälde ganz besonders gefährlich wird. Verständlich wird das Ganze für Laien wie mich durch bunte Radarkarten, Windböen-Prognosen und Blitzortungsdienst.
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Und dann passiert es, der Meteorologe erklärt, dass jetzt eine besonders gefährliche Front Berlin erreicht und vor allem den Nordosten der Stadt treffen wird. Auf einer der Karten sieht man die Front in fiesem Pink über der Hauptstadt besonders schön. Spricht es, und wenige Augenblicke später fängt es in Pankow plötzlich an: Der Sturm peitscht den Regen über die Straße vor unserem Haus.
Die Äste der Linde scheinen auf einmal zum Greifen nah, so sehr biegen sie sich in den Böen. Ich bin so fasziniert, dass ich nicht weiß, was ich zuerst machen soll, weiter aus dem Fenster auf das echte Unwetter starren oder dem Meteorologen zuschauen.
Am nächsten Tag kann ich auf Pankower Straßen sehen, wie dick die Äste sind, die der Sturm von den Bäumen gerissen hat. Meine Nachbarin erzählt, sie habe sogar Leute beim Holzsammeln gesehen. Und eine Kollegin berichtet, dass sie am Abend noch was Wichtiges zu erledigen hatte und dabei fast von einem Grill getroffen wurde, der von irgendwoher auf die Straße krachte.
Meteorologe warnt: Nicht in der Nähe von Bäumen aufhalten
Auch deshalb bin ich wieder dabei, als der Wetterexperte sich live der stürmischen „Zeynep“ annimmt. Und immer wieder mahnt, „es ist wichtig bei so einer Wetterlage: Man darf nicht in der Nähe von Bäumen sein.“ Oder erklärt, „dass uns Orkantiefs im Winter überqueren, ist nicht ungewöhnlich“. Das komme in unseren Breiten häufiger vor.
Dann aber wendet er sich wieder dem aktuellen Geschehen zu, erklärt geduldig und unermüdlich stundenlang, was sich gerade am Himmel abspielt und welches Sturmfeld wie schnell wohin zieht. Seine Sachlichkeit beruhigt mich. Ein anderer Zuschauer schreibt in der Kommentarspalte: „Fabian hat Durchhaltevermögen.“
Auch viele weitere sind des Lobes voll, berichten, was der Sturm bei ihnen angerichtet hat oder wollen konkret wissen: Wie wird es demnächst in Erfurt? Zu weit geht es aber wohl, wenn einer fragt: Wann kann ich wieder raus zum Rauchen? Das war dann auch eine der wenigen Fragen, die der Wetter-Erklärer offenließ.
Die Stürme haben im Land heftige Spuren hinterlassen. Man wünscht sich keine neuen. Wenn sie aber kommen, bin ich ganz sicher wieder dabei – beim Wetter-Fernsehen live.
Claudia Pietsch schreibt montags im KURIER über Berliner und Brandenburger Befindlichkeiten.
Kontakt in die Redaktion: wirvonhier@berlinerverlag.com