Seit ein paar Wochen läuft auf Netflix die neue Serie mit Meghan Markle, doch niemand scheint aufhören zu können, darüber zu reden. Dem einen kocht sie darin zu viel, dem anderen kocht sie zu wenig, und überhaupt ist sie viel zu abhoben. Dass manche Menschen eine berühmte Person nicht mögen – geschenkt. Für Meghan Markle ist es sicher nicht das erste oder letzte Mal. Doch die Gründe, die dafür teilweise herbeigezogen werden, lassen mich teilweise am gesunden Menschenverstand zweifeln.
Warum wir so gerne Sachen schauen, die wir hassen
„Hatewatching“ (also einen Film oder eine Serie nur zu gucken, um sich darüber aufzuregen) gibt es ja wahrscheinlich schon, seit es Fernsehen gibt (oder länger?), und es läge mir weit entfernt, das an den Pranger zu stellen. Wer unschuldig ist, werfe den ersten Stein etc. pp.. Netflix ist es wohl egal, warum man jetzt genau einschaltet. Hauptsache, wir tun es.
Sie kennen es bestimmt auch: Wenn man etwas hatewatcht (ist das das richtige Verb?), dann steigert man sich irgendwann so sehr rein, dass man es komplett übertreibt. Mit etwas Abstand hat man häufig eine etwas ausgeglichenere Meinung zu dem Ganzen. Bei Meghan Markle passiert der letzte Schritt irgendwie nicht. Von allem, was ich über „With Love, Meghan“ gelesen habe, scheint sie eigenhändig alle Mädchen dieser Welt zu Hausfrauen machen zu wollen und für den Untergang des Abendlandes verantwortlich zu sein.
Meghan Markle lädt für Netflix bei sich „Zuhause“ ein
Aber vielleicht mal von vorne: Die Prämisse von „With Love, Meghan“ ist denkbar einfach. Meghan empfängt Gäste bei sich zuhause (bzw. in einem für die Produktion angemieteten Häuschen, vermutlich um der Privatsphäre willen) und bringt abwechselnd ihnen etwas bei oder lässt sich etwas beibringen. Manchmal kochen sie, manchmal backen sie, ein andern Mal zeigt uns Meghan, wie sie Blumensträuße so richtig zur Geltung bringt.
Ist das jetzt weltbewegend oder tiefsinnig? Natürlich nicht. Aber, jetzt mal Hand aufs Herz: Süchtig bin ich trotzdem. Ich gucke die Serie jetzt schon zum zweiten Mal. Einfach, weil ich sie gerne nebenher laufen lasse, während ich koche oder meinen Abwasch mache. Es macht einfach gute Laune, Meghans Stimme im Ohr zu haben, die so begeistert davon redet, aus alltäglichen Sachen etwas Besonderes zu machen.

„With Love, Meghan“ ist purer Eskapismus
Der Subtext, den sie nie anspricht, ist natürlich: Sie kann dieses Leben leben, weil sie reich ist und keinen richtigen Job haben muss. Natürlich kann sie jeden Tag für ihre Kinder eine bunte, liebevolle Rohkostplatte machen, alle ihre Zutaten selbst anbauen und den Nachmittag damit verbringen, sich Blumengestecke zusammenzusuchen.
Auch wenn sie ständig betont, wie einfach das alles ist (und für sich genommen sind die Sachen auch einfach!) und dass jeder sie machen kann und dadurch ein schöneres Leben führen kann – ihr (oder zumindest den Machern der Serie) ist durchaus bewusst, dass die durchschnittliche Person nicht die Zeit und Muße hat, das eigene Leben mit so viel Geduld zu gestalten. Wenn ja, bräuchte es die Serie ja gar nicht.
Bei „With Love, Meghan“ geht es eben genau darum, als Zuschauer ein bisschen geistig vom eigenen Alltagstrott fliehen zu können. Und sich zumindest für eine kurze Zeit in allen Details vorstellen zu dürfen, wie es wohl wäre, wenn man so reich wäre, sich nur mit den schönen Sachen des Lebens befassen zu müssen. Wenn man nicht acht Stunden im Büro säße und am Ende des Tages gerade noch die Zeit hat, sich eine schnelle Stulle zu schmieren. Wenn man Pasta mit Tomatensauce komplett in Weiß angezogen kochen könnte und die Bluse am Ende noch genauso weiß ist.
Jana Hollstein schreibt immer dienstags für den KURIER über die große weite Welt des Internets. Mails an wirvonhier@berlinerverlag.com ■