Kolumne „Wir von hier“

Wohnungssuche in Berlin: Das treibt mich zur Verzweiflung

Unsere Autorin sucht seit Monaten eine Wohnung in Berlin und lernt dabei so manche Abgründe der Stadt kennen.

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Die Wohnungssuche gestaltet sich in Berlin schwerer als die Suche nach der sprichwörtlichen Nadel im Heuhaufen.
Die Wohnungssuche gestaltet sich in Berlin schwerer als die Suche nach der sprichwörtlichen Nadel im Heuhaufen.Jochen Eckel/imago

Wenn ich jemandem erzähle, dass ich auf Wohnungssuche in Berlin bin, bekomme ich meistens eine Reaktion auf der Skala von „blankes Entsetzen“ zu „Mitleid, als wäre meine Mutter gestorben“. Und recht haben sie ja. Da ich leider nicht kurzfristig von Jeff Bezos adoptiert wurde, gestaltet sich meine Wohnungssuche dementsprechend schwierig.

Wohnungen suchen in Berlin: SO sieht das aus

Wohnungssuche in Berlin – eigentlich ist das ein Teilzeitjob. Ich bin auf allen einschlägigen und weniger einschlägigen Portalen angemeldet, habe eine E-Mail-Benachrichtigung für meine Suche eingestellt und bin bei ImmobilienScout natürlich „MieterPlus“ für 19,90 Euro im Monat. Ein Teilzeitjob, der kostet, also.

Sobald ich die Push-Nachricht auf meinem Handy bekomme, lasse ich alles stehen und liegen und schicke meine Nachricht ab. Natürlich habe ich ein vorformuliertes persönliches Anschreiben, das nur noch schnell an das Angebot angepasst werden muss. Schufa, Mietschuldenfreiheitsbescheinigung, Einkommensnachweis – liegt alles auf Abruf bei mir bereit.

Ich will nicht lügen und sagen, ich hätte damit noch keine Besichtigungstermine bekommen. Das gestaltet sich dann häufig so: Auf meine freundliche und persönliche Anfrage kommt eine einzeilige Mail zurück: „besichtigung heute um 19 Uhr“. Die Mail kommt um 18 Uhr.

Das ist fast schon das Wunschszenario. Von manchen Maklern bekomme ich eine Einladung zur App, ohne die ich mich nicht auf die Wohnung bewerben kann – wenn ich die alle runterladen würde, wäre mein Speicherplatz wahrscheinlich voll. Andere wollen sofort alle meine Unterlagen haben, bevor ich überhaupt die Chance bekomme, die Wohnung anzusehen. Und zwischendurch kommen natürlich immer wieder die Betrüger, die ich nicht rechtzeitig erkannt habe.

Wohnungsnot in Berlin ein Traum für Vermieter

Nach drei Monaten Wohnungssuche in Berlin ist das für mich ja vollkommen normal. Bei ImmobilienScout sehe ich, dass sich vor mir schon Hunderte andere auf die gleiche Wohnung beworben haben. Da denkt man sich: Natürlich wollen diese wildfremden Leute diese ganzen persönlichen Daten von mir! Und natürlich können sie es sich leisten, einsilbig zu antworten, oder von mir zu verlangen, kurzfristig alles stehen und liegen zu lassen und innerhalb einer Stunde aufzukreuzen.

Wohnungssuche in Berlin
Wohnungssuche in BerlinRolf Kremming/imago

Für Vermieter und Makler als Nutznießer dieser ganzen Situation ist das natürlich ein Traum. Letztens hatte mich ein Vermieter angerufen, um mich zu einer Besichtigung einzuladen, und er klang, als würde er mir gerade verkünden, ich hätte im Lotto gewonnen. Und ich muss ganz ehrlich sein, so hat es sich auch angefühlt.

Ich ziehe aus Köln her und ein knapper Wohnungsmarkt ist kein Fremdwort für mich. Schrullige Vermieter und Hausverwalter, die merkwürdige Ansprüche haben, habe ich zur Genüge kennengelernt. Aber obwohl ich auch bei der Wohnungssuche inzwischen ein alter Hase bin, hat mich das Ausmaß in Berlin trotzdem schockiert.

Berliner Wohnungsmarkt - was kommt da noch?

Es ist nicht so sehr das Problem, wie umkämpft die Wohnungen sind – ich glaube, das wissen wir alle. Viel beunruhigender finde ich, was Vermieter sich dadurch rausnehmen dürfen. Ich erinnere mich noch, als ich vor fünf Jahren zum ersten Mal nach Berlin gezogen bin. Damals nur zeitweise für ein Praktikum als Student.

Damals hatte ich Glück und habe innerhalb sehr kurzer Zeit eine wunderschöne WG gefunden, aber auf dem Weg dahin habe ich als arme Studentin Einblicke bekommen in den Berliner Wohnungsmarkt, die ich wohl nie vergessen werde.

Darunter war auch ein dunkles Zimmer von acht Quadratmetern in einer „WG“ mit einem älteren Herren. Billig, unter der Bedingung, dass man sich auch mal das Bett teilt. Das Angebot richtete sich natürlich nur an junge Studentinnen. Hätte die Suche länger gedauert, hätte ich kein Sicherheitsnetz bei meiner Familie gehabt – wer weiß, ob ich da nicht doch früher oder später zugeschlagen hätte.

Jana Hollstein schreibt diese Woche im KURIER über Berliner und Brandenburger Befindlichkeiten. Kontakt: wirvonhier@berlinerverlag.com