Ein Spaziergang bei stürmischem Schmuddelwetter kann sehr aufregend und lustig sein
Ein Spaziergang bei stürmischem Schmuddelwetter kann sehr aufregend und lustig sein imago/Shotshop

Liebe Leserin und lieber Leser, zugegeben, früher fand ich die Redewendung, dass es kein schlechtes Wetter gebe, nur falsche Kleidung, ziemlich blöd. Ich mochte es nicht, wenn der Tag durchgängig ein dunkles Grau trug, Regen machte mich missmutig. Die beste aller Wetterlagen für mich war Sonnenschein nonstop. Das hat sich mit dem Lauf der Jahre komplett gewandelt.

Das liegt nicht nur daran, dass uns die letzten heißen und trockenen Sommer lehrten, den Regen zu verehren, was mich an Theodor Storms Märchen von der „Regentrude“ erinnert. Als keiner mehr an sie denkt, schläft sie vor Langeweile ein. Das Land beginnt zu verdorren und der „Feuermann tanzet über die Felder!“

Schluss mit „entweder oder“

Zweifellos habe ich mit zunehmendem Alter begriffen, verborgene Schönheiten zu entdecken, lieber zweimal hinzuschauen. Auch die knallharte und ziemlich anstrengende Entweder-oder-Position gehört längst in meine Vergangenheit.

Und so kann ich mich am Morgen bei der Runde mit dem Hund freuen, wenn der Nebel dick wie in den Edgar-Wallace-Filmen aus den 60er Jahren durch die Straßen wabert. Die Dunstschwaden schlucken den Lärm der Großstadt, ich fühle mich mitten in der Stadt wie auf einer einsamen Insel.

Bei Regen draußen mit dem Hund (Symbolfoto)
Bei Regen draußen mit dem Hund (Symbolfoto) imago/Gottfried Czepluch

Wer gern wandert, wird irgendwann mindestens einen Regenschauer abbekommen und spätestens dann merken, dass wir nicht aus Zucker gebaut sind. Na gut, das hat dann schon etwas mit der richtigen Kleidung zu tun, aber nicht ausschließlich. Schuhe trocknen wieder und wenn’s ganz schlimm war, gibt’s ja noch die warme Dusche oder Badewanne.

Waren Sie schon mal bei Nieselregen im Park? Da hat man die Chance, Wege ganz allein zu gehen. Die gefühlte Einsamkeit mitten in der großen Stadt macht den Kopf frei, besonders dann, wenn noch ein kräftiger Wind weht. Dem gebe ich dann meine negativen Gedanken einfach mit. Platz für neue Ideen und Zukunftspläne!

Ganz neue Perspektive bietet eine Spiegelung in einer Regenpfütze
Ganz neue Perspektive bietet eine Spiegelung in einer Regenpfütze imago/Shotshop

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Beim Laufen spüre ich, wie sich die Umgebung mit den Wetterlagen verändert. In den Sinn kommt mir der Duft des Sommers, wenn der erlösende Guss auf den heißen Stadtboden fällt und das Regenwasser die Luft sauber wäscht. Die Kinder machen es uns vor: Bei Regen, Schneegriesel oder fiesem Niesel toben sie draußen, sie stört  kein Schmuddelwetter, das Reinhard Mey in seinem „Sauwetterlied“ so treffend besingt:

„Die ganze Botschaft ist: Ich mag′s, wenn‘s nieselt
Wenn es tropft und wenn es schüttet, wenn es schifft und pieselt“.

Nix wie raus – bei jedem Wetter, rät

Ihre Sabine Stickforth

KURIER-Autorin Sabine Stickforth schreibt jeden Dienstag über das Leben über 50 in Berlin.
Anregungen an wirvonhier@berlinerverlag.com.