Das war vor 35 Jahren: Am 7. März 1988 spielen Depeche Mode ihr einziges Konzert in der DDR. Über 6000 Zuschauer waren in der Werner-Seelenbinder-Halle in Berlin.
Das war vor 35 Jahren: Am 7. März 1988 spielen Depeche Mode ihr einziges Konzert in der DDR. Über 6000 Zuschauer waren in der Werner-Seelenbinder-Halle in Berlin. imago/Andreas Weihs

Ihr Sound begeistert noch immer. So mancher Musik-Fan wird am heutigen Freitag die CD- und Plattenregale der Elektronikmärkte stürmen, um sich das neue Depeche-Mode-Album „Memento mori“ zu holen. Das es ausgerechnet in dem Monat erscheint, als die britische Band vor 35 Jahren in der DDR eine Massenhysterie auslöste, mag ein Zufall sein. Doch bei mir weckt die neue Scheibe Erinnerungen an die Zeit um den 7. März 1988.

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Jugendliche aus allen Teilen der DDR waren damals wie elektrisiert und kannte nur ein Ziel – die Werner-Seelenbinder-Halle in Berlin. Laut Zeitungsanzeigen wollte dort die staatliche Jugendorganisation FDJ mit einem Geburtstagskonzert den 42. Jahrestag ihrer Gründung (7. März 1946) feiern. Die wichtigste Botschaft, die nicht in der Anzeige und auch nicht später auf den Eintrittskarten stand, verbreitete sich schnell als Gerücht: Depeche Mode treten auf

Das einzige Depeche-Mode-Konzert in der DDR: Auf dem Schwarzmarkt wurden Wahnsinnspreise gezahlt

Ich erfuhr es von meiner jüngeren Großcousine, natürlich Fan, die es aus ihrer Schule erfahren hatte. Im Vorfeld ihres Geburtstages im Februar fragte sie mich ganz vorsichtig, ob ich nicht über die Ingenieurhochschule in Lichtenberg, an der ich damals studierte, für sie eine Karte mitbesorgen könnte. Das wäre doch das ideale Geschenk für sie.

Das Greatest Hits-Album von Depeche Mode, das 1987 in der DDR erschien.
Das Greatest Hits-Album von Depeche Mode, das 1987 in der DDR erschien. privat

Man muss wissen, dass die Tickets nur über die FDJ in den Betrieben, Unis und in einigen Schulen verkauft oder an verdiente Jugendliche verteilt wurden. Aus gutem Grund: Es gab nur 6000 Karten und die hätten die gewaltige Nachfrage nicht einmal im Ansatz decken können. Zur Erinnerung: Monate später, als Bruce Springsteen 1988 auf der  Weißenseer Radrennbahn spielte, kamen über 180.000 Menschen aus der gesamten DDR, um den Boss zu sehen und zu hören.

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Martin Gore (li.) und Dave Gahan: Das neue Album „Memento Mori“ von Depeche Mode erscheint am 24. März.
Martin Gore (li.) und Dave Gahan: Das neue Album „Memento Mori“ von Depeche Mode erscheint am 24. März. Anton Corbijn/Sony Music/dpa

Meine Großcousine und ich hatten Pech: Wir bekamen keine Karten zum läppischen Stückpreis von 15 DDR-Mark, als das einzige DDR-Konzert von Depeche Mode offiziell wurde und die Verteilaktion bei der FDJ begann. Wer da leer ausging, versuchte es über den Schwarzmarkt. Aber 500 Mark und mehr auszugeben – soweit ging meine Liebe zu der britischen Band nun doch nicht. Ich hörte lieber die „Greatest Hits“-Platte, die 1987 in der DDR erschienen war.

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Mit ihrem Sound hatten Depeche Mode in den 80ern die Musikwelt revolutioniert. Nicht nur im Westen. Die Briten brachten ihren Synthie-Pop auch in den Osten. Mit  „People are people“ kam die Begeisterung. Das dazugehörige Album „Some great reward“, aufgenommen in West-Berlin, spielte das Ost-Radio komplett zum Mitschneiden. Auch andere Hits, selbst Maxiversionen, wurden gesendet. Die DDR-Jugend tanzte nach Depeche Mode. In Zwickau gab es einen Fanclub, deren Mitglieder sich frisierten und kleideten wie ihre Idole.

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Vor 35 Jahren in der DDR: Depeche Mode brachte den Osten zum Tanzen

An Depeche Mode kam im Osten keiner vorbei. Stars wie Stern-Meißen-Sänger IC Falkenberg schwammen auf der Synthie-Pop-Welle mit. Dabei war elektronische Musik in der DDR kein Neuland. Die Band Pond und Reinhard Lakomy produzierten wunderbare futuristische Synthesizer-Visionen, aber sie waren nicht tanzbar.

Übrigens: Depeche Mode sollen für ihr DDR-Konzert 5000 D-Mark bekommen haben. Nun sind Dave Gahan und Martin Gore bald wieder im Osten. Am 26. Mai starten sie in Leipzig ihre Deutschland-Tour, sind am 7. und 9. Juli im Berliner Olympiastadion. Die Shows sind fast ausverkauft, trotz Ticketpreise ab 140 Euro aufwärts. Viel Kohle. Aber vor 35 Jahren hat  auch so mancher richtig draufgezahlt, um die Band in der DDR live zu erleben.

Norbert Koch-Klaucke schreibt jeden Freitag im KURIER über Geschichten aus dem Osten.
Kontakt in die Redaktion: wirvonhier@berlinerverlag.com