Tricks für Lockdown und Abstand: So pflegen Sie Freundschaften in Zeiten der Pandemie!
Corona verändert unser aller Leben – und wirkt sich auch auf zwischenmenschliche Beziehungen aus. Doch nicht jede Freundschaft muss zerbrechen, findet KURIER-Autorin Sabine Stickforth.

Liebe Leserinnen und liebe Leser, die Sieben-Tage-Inzidenz in Berlin-Mitte hat die Marke von 2000 unlängst übersprungen. Mitte ist damit weiterhin die aktuell am stärksten von der Omikron-Welle betroffene Region Deutschlands. Seit kurzem wohne ich in diesem Bezirk. Es wird einem dabei schon sehr mulmig.
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Außer mit meiner Hündin täglich Gassi und einmal die Woche Lebensmittel kaufen, verlasse ich die Wohnung wieder nicht mehr. Freunde leibhaftig treffen, sich die Hand geben oder in den Arm nehmen, ist grad nicht. Schnelle Verabredung oder spontane Besuche, Treffen auf dem Markt beim Käsestand so wie früher – alles erst mal auf Eis gelegt.
Das Coronavirus kann eben auch Freundschaften befallen. Lockdown und Distanz können auch eine freundschaftliche Beziehung abkühlen lassen. Vor allem, wenn die Meinung über die Pandemiemaßnahmen auseinandergeht. Beispielsweise möchte sich eine langjährige Freundin nicht impfen lassen und erzählt mir immer wieder Horrorgeschichten vom Impfen und schlimmen Impfschäden. Für sie ist impfen gefährlicher als das Coronavirus. Ich mag gar nicht mehr hinhören, denn ich bin froh über die moderne Forschung, Entwicklung und den Fortschritt der Wissenschaften.
An den Corona-Diskussionen zerbrechen immer wieder Freundschaften
Und die Impfstoffe, die uns gegen alle möglichen Krankheiten zur Verfügung stehen. Wenn Freunde die Corona-Krise so unterschiedlich erleben wie meine Freundin und ich, wird der Zusammenhalt eher schwierig. Schnell empfinden wir uns als hysterisch oder verantwortungsvoll. Es steht Gut gegen Böse. Dieser Riss geht ja offenbar mittlerweile durch die ganze Gesellschaft.
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Wie stabil sind manche Freundschaften? Ähnliche Fragen und Erfahrungen sammeln derzeit viele Menschen. Und machen sich Gedanken, wie es um ihre Freundschaft steht. WhatsApp- Nachrichten und Zoomtreffen können echte Begegnungen nicht wirklich ersetzen. Wenn man nichts mehr miteinander erlebt, wird eine Freundschaft nicht gefüttert. Nach Monaten der Zurückgezogenheit wirkt ein Treffen womöglich entfremdet. Mein Mann und ich hatten nach sehr langer Zeit einen gemeinsamen schönen Abend mit Freunden mit Kino und Restaurantbesuch geplant. Schon beim Wiedersehen entstand ein komischer Moment: sollen wir uns umarmen oder lieber nicht?
Unser Alltag hat sich verändert. Vor allem durch das Arbeiten im Homeoffice. Irgendwie gibt es gar nicht mehr die getrennten Bereiche „privat“ und „Beruf“, denn Berufliches übertrumpft ja das Private, das wegen der Distanzierungsmaßnahmen kaum noch stattfindet. Und im Freundeskreis ordnen sich deshalb die Verbindungen neu. Es bleiben tatsächlich die wichtigen und engen Freunde. Die Vorstellung, dass Freundschaft immer eine Verbindung zweier Seelenverwandter sein muss, ist im Grunde eine Idealvorstellung.
Diese goldenen Regeln machen die Pflege von Freundschaften aus
Zwei bis drei beste Freunde haben wir im Durchschnitt und manchmal ersetzen sie sogar die Familie. „Für die allermeisten Menschen sind Freundschaften eine Ressource zur Lebensbewältigung. Sie sind wichtige Quellen von Unterstützung, Anerkennung und Rat“, sagt Leonie Linek, Soziologin der Humboldt-Universität. Aber Freundschaft zu pflegen unter Bedingungen des Abstand halten ist schon ein Kunststück.
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Zwei goldene Regeln machen die Freundschaftspflege aus. Das wissen wir ältere Menschen aus Erfahrung und in Pandemiezeiten gelten diese Regeln ganz besonders. Zum einen sollte man sich einander am Leben teilhaben lassen. Ein verschicktes Foto, eine kurze Nachricht als Lebenszeichen. Und natürlich die Nachfrage, wie es der Freundin oder dem Freund geht, zeigt, wie wichtig uns diese Beziehung ist. Zum anderen: gemeinsame Interessen pflegen! Fitness, Filmabend oder die Verständigung auf ein Buch, das gemeinsam gelesen wird und über das man sich am Telefon oder per Videoschaltung miteinander unterhält.
Eine besonders gelungene und schöne Überraschung für die Freundin oder den Freund kann eine Postkarte sein. Laut DHL hat der Umfang an Postkarten im vergangen Jahr auch deutlich zugenommen. Ein Gespräch am Telefon erzeugt jedoch die größte Nähe. Der Atmen der anderen Person kann spürbar werden im tiefen Atemholen oder im befreienden Ausatmen. Pausen, schnelles oder zögerliches Sprechen zeigen die Stimmung an, in der sich der andere befindet. Und im Lauschen achten wir gleichzeitig darauf, wie uns selbst zumute ist. Gemeinsam per Video eine Flasche Wein zu trinken bei einem innigen Gespräch kann eine Freundschaft genauso gut erhalten wie online mit einander zu spielen. Über die Seite skribbl.io können sich Freunde zu kreativen Spielerunden verabreden.
Liebe Leserinnen und Leser, gewiss sind wir alle diese Virusmutationen und die damit verbundenen neuen epidemischen Wellen leid, die uns Kontakt-Beschränkung bescheren. Aber wann es damit ein Ende hat, kann uns niemand mit Sicherheit sagen. Daher achten wir auf uns und pflegen und erhalten unsere Freundschaften auf neuen Wegen und so gut wir können.
Ihre Sabine Stickforth
KURIER-Autorin Sabine Stickforth schreibt jeden Dienstag über das Leben über 50 in Berlin.
Kontakt in die Redaktion: wirvonhier@berlinerverlag.com