Teure Vielfalt: Streaming muss man sich leisten können
Es gibt zahlreiche Streaming-Anbieter, die das lineare Fernsehen bereichern und erweitern. Allein: Sie sind ziemlich teuer - ganz besonders in der Masse.

Wenn Sie meine Kolumne aufmerksam verfolgt haben, dann dürfte Ihnen eine Sache nicht verborgen geblieben sein: Mit dem linearen Fernsehen habe ich nicht viel am Hut. Die Daten, an denen ich im Jahr einfach den Fernseher einschalte, und gucke, was kommt, kann ich vermutlich an zwei bis drei Händen abzählen. Ich schaue mich durch die kostenlosen Mediatheken, aber habe auch mehrere wechselnde Bezahl-Anbieter abonniert. Wechselnd, weil es ganz schön ins Geld gehen würde, wenn man dauerhaft alle zur Verfügung stehenden Anbieter abonnieren würde.
Streaming-Anbieter schaffen Vielfalt
Die sind in den letzten Jahren wie Pilze aus dem Boden geschossen. Sie alle bieten längst ähnliche Filme und Serien, aber mit bestimmten Highlights. Wer „Star Wars“-Serien will, braucht Disney+, wer die „Herr der Ringe“-Serie sehen will, Amazon Prime Video. Will man die Stasi-Komödie Kleo sehen, braucht es „Netflix“, bei „RTL+“ gibt es neben zahlreichen Trash-TV-Schmankerln auch Doku-Reportagen und wer Sport sehen möchte, braucht wahlweise Dazn, MagentaSport oder Sky.
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Das Verrückte daran: Diese Aufzählung ist noch nicht einmal vollständig. Auch die Medien-Konzerne Apple, Paramount und Discovery sind längst mit eigenen Streaming-Anbietern in Deutschland. ProSiebenSat1 hat mit Joyn ebenfalls ein eigenes Portal. Einen Anspruch auf Vollständigkeit soll diese Liste nicht haben, sondern nur den Blick darauf lenken, was es alles gibt.
Streaming-Anbieter sind teuer, wenn man nichts verpassen will
Rechnet man alle aufgezählten Streaming-Anbieter unter der Maßgabe zusammen, dass man sich bei den Sport-Diensten für einen der drei entschieden hat, kommt man bei rund 82 Euro monatlich heraus, im Jahr wären das fast 1000 Euro. Ein Betrag den man sich vielleicht für einen Sommerurlaub zusammenspart - aber alleine fürs Fernsehvergnügen? Sicher nicht!
Natürlich: Die Streaming-Anbieter bringen eine ganz neue Vielfalt ins TV-Geschäft, auf dem auf den besten Sendeplätzen oft nur die immer gleichen Gesichter zu sehen sind. Und auch die Flexibilität, die Streamer und kostenlose Mediatheken bieten, ist unschlagbar. Viele Menschen wollen nicht mehr um 20.15 Uhr vorm Fernseher sitzen, sondern ihre Serie gucken, wann sie Lust darauf haben.
Streaming: Viele Menschen können sich die Vielfalt nicht leisten
Doch viele Menschen können das eben nicht. Und das liegt am Geld. Natürlich muss man nicht alle aufgezählten Portale abonnieren, sondern kann meist monatlich wechseln, zwischen den Anbietern hin und herspringen. Doch auch die Kombination von RTL+, Disney+ und Netflix würde beispielsweise knapp 24 Euro kosten. Wer von Bürgergeld lebt, hat dieses Geld nicht – oder besser gesagt: soll dieses Geld nicht haben.
Im Regelsatz sind 48,89 Euro für „Freizeit, Unterhaltung, Kultur“ vorgesehen, zumindest dann, wenn die Bezüge für die anderen Kategorien reichen und nicht etwa Nahrung querfinanziert werden oder unter Umständen eine Waschmaschine ersetzt werden muss. Nicht viel Geld, wenn die gesamte „Teilhabe am gesellschaftlichen und kulturellen Leben“ vom Stadionbesuch, über die Sporteinheit im Fitnessstudio bis hin zum Kinobesuch oder TV-Abo davon finanziert werden soll. Schon ein einfaches Netflix-Abo für 8 Euro würde ein erhebliches Stück von dem kleinen Bürgergeld-Kuchen abknabbern.
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Große Serienhits, über die in der Gesellschaft gesprochen wird, finden aber nun mal längst bei den kostenpflichtigen Streamern statt. Das bedeutet: Teilhabe ist teurer geworden. Das muss sich auch in den Bürgergeld-Regelsätzen widerspiegeln, damit Leistungsempfänger in die Situation gebracht werden, dass sie sich bestimmte Abos nicht leisten wollen - und nicht einfach nur nicht leisten können.
Domescu Möller schreibt jeden Donnerstag im KURIER über die Welt des Fernsehens.
Anregungen an wirvonhier@berlinerverlag.com.