Kolumne „Wir im Netz“

Sind Sie ein „Frühling“ oder ein „Winter“? Die Farbtypen sind zurück

Dank Social Media lebt ein alter Trend aus den 80ern wieder auf. Immer mehr junge Frauen wollen wissen, welcher Jahreszeiten-Typ sie sind.

Author - Jana Hollstein
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Mit der Farbtyp-Beratung lässt sich derzeit wieder viel Geld machen.
Mit der Farbtyp-Beratung lässt sich derzeit wieder viel Geld machen.Dreamstime/imago

Wenn Sie zu den Menschen gehören, die die 80er-Jahre bewusst miterlebt haben, dann erinnern Sie sich bestimmt noch (zumindest die Frauen unter Ihnen) an die Farbtypen-Lehre. Ob man Typ Frühling, Sommer, Herbst oder Winter war, bestimmte, welche Farben man tragen sollte. Eine Zeit lang war das out – aber fragen Sie heute mal junge Frauen nach ihrem Farbtyp. Sie werden überrascht sein, wie viele von ihnen da jetzt wieder voll mitreden können.

Vier Jahreszeiten bestimmen die Farbtypen

Für alle, die damit nicht vertraut sind oder eine kleine Erinnerungsstütze brauchen: Die Farbtypen-Lehre klassifiziert Menschen optisch nach Jahreszeiten und leitet davon ab, welches Farbspektrum für sie am schmeichelhaftesten ist. Drei Faktoren sind für die Einordnung entscheidend:

• die Farbtemperatur: ob man einen warmen, neutralen oder kühlen Unterton hat

• die Helligkeit: wie hell Augen und Haare sind

• der Kontrast: wie stark der Kontrast zwischen Haut, Augen und Haaren ist

Das sind die groben Bausteine der Farblehre, mit deren Hilfe das geübte Auge einer speziell dafür ausgebildeten Fachkraft (oder, wie das der Großteil der Menschen mit einer wahrscheinlich nicht geringen Fehlerquote macht, jeder für sich allein zu Hause) den Farbtyp bestimmen kann. Ganz so einfach ist das allerdings nicht, denn jede Jahreszeit hat noch mal drei Unterkategorien, und dabei kann man sich richtig schön verzetteln.

Es ist nicht so, als ob die individuelle Farbberatung nach den Jahreszeiten vollkommen in der Versenkung verschwunden wäre. Aber zumindest hat sich die Durchschnittsfrau eine Weile nicht mehr damit beschäftigt.

Herbst, Winter, Frühling oder Sommer: Die Farbtypen-Lehre sortiert nach Jahreszeiten.
Herbst, Winter, Frühling oder Sommer: Die Farbtypen-Lehre sortiert nach Jahreszeiten.Dreamstime/imago

Wer bin ich? Das Internet verzweifelt auf Stilsuche

Das hat sich in den letzten paar Jahren wieder vollkommen geändert. Durch Fast Fashion und den durch Social Media immer schneller werdenden Trend-Zyklus suchen gerade junge Menschen verzweifelt nach etwas, woran sie sich festhalten können – am besten einen eigenen Stil. Weil Stil sich aber bei den meisten nur im Laufe eines Lebens entwickelt, sucht man eben nach Abkürzungen. Und was wäre da schneller als eine Klassifizierung, die definitiv sagt, „Das bist du“?

In dem Rahmen erleben auch die alten Kibbe-Körpertypen einen Aufschwung. Farbtypen sind aber weitaus beliebter. TikTok und Instagram sind voller Influencer, die mehr oder minder darin ausgebildet sind, Farbtypen zu analysieren, und die versuchen, anderen dabei zu helfen, ihren Farbtyp zu finden – viele von ihnen liegen in ihrer Altersklasse weit über dem durchschnittlichen Social-Media-Nutzer.

@unicornblondie11 I don’t want to believe this 😀 #coloranalysis #colorpalette #chaptgpt #autumncolors #springcolors #greenscreen #greeneyes #warmundertone ♬ original sound - Emily DeAngelis

Auf Videoplattformen posten Nutzer Videos von sich selbst mit Filtern, die ihr Gesicht abwechselnd mit den verschiedenen Farbspektren der Typen umgeben, und fragen andere Nutzer, welcher Farbtyp sie sind. In den Kommentaren wird stets heftig diskutiert. Andere machen es sich leicht und fragen einfach ChatGPT (wobei die Künstliche Intelligenz wohl dazu tendiert, einfach jeden als Herbst-Typ zu kategorisieren).

In Asien ist der Hype längst (wieder) in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Als mein Bruder im vergangenen Jahr in Korea war, konnte er sich dort für wenig Geld an einem speziellen Computer eine Farbanalyse ausrechnen lassen. Der Computer stufte ihn als „light summer“ ein und schickte ihm ein 16-seitiges PDF-Dokument mit Empfehlungen für alles Mögliche, inklusive farbige Kontaktlinsen und Parfums. Sieht so also unsere Zukunft aus? Zurzeit kann einen die professionelle Farbanalyse jedenfalls teuer zu stehen kommen. Influencer berechnen für den Service teils 500 Euro.

Jana Hollstein schreibt immer dienstags für den KURIER über die große weite Welt des Internets. Mails an wirvonhier@berlinerverlag.com