Sat.1 macht Schluss mit ihren Scripted Reality-Formaten – das wurde aber auch Zeit

Seit vielen Jahren bestimmten Formate wie „Auf Streife“ das Nachmittagsprogramm. Damit soll bald Schluss sein.

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Sind seit Jahren für Sat.1 auf Scripted Reality-Streife: Stephan und Paul.
Sind seit Jahren für Sat.1 auf Scripted Reality-Streife: Stephan und Paul.Sat.1

Ich muss ehrlich zugeben: Ich wusste nicht, dass dieser Schritt dem TV-Sender Sat.1 noch bevorsteht, doch nun ist es soweit: Bei den Screenforce Days verkündete Senderchef Daniel Rosemann den Schritt, der das Gesicht des Privatsenders nachhaltig verändern dürfte: Es soll bald schon keine Scripted Reality-Formate mehr im Programm geben. Endlich!

Sat.1 vor Paradigmenwechsel

Dass Rosemann hier von einem Paradigmenwechsel für Sat.1 sprach, ist durchaus verständlich. Denn wer sich mit dem aktuellen Programm des Senders auseinandersetzt, wird merken: Scripted Reality-Formate machen einen Großteil des Programms aus. Am Donnerstag, an dem diese Kolumne erscheint, zeigt der Sender aus Unterföhring von 12 bis 19 Uhr Scripted Reality-Formate, die meist im Setting von Polizei,  Ärzte oder Privatermittler-Arbeit spielen sollen. „Auf Streife“ heißen die Formate oder „K11“.

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Mitte der 2000er Jahre begannen die deutschen Privatsender aus Kostengründen ihr Nachmittagsprogramm mit den Scripted Reality-Sendungen zu fluten. Als sie neu waren, hatte das durchaus eine Wirkung auf die Zuschauenden, die sich fühlten, als könnten sie wirklich Polizisten und Privatdetektiven bei der Arbeit oder Familien beim alltäglichen Leben zugucken.

Doch das nutzte sich schnell ab. Die Fälle, die erzählt wurden, änderten sich kaum, die schauspielerische Leistung der Laiendarsteller trotz teilweise jahrelanger Erfahrung ebenso wenig. Zudem gab es auch ein Repräsentationsproblem. Die Diversität unserer Gesellschaft wurde nicht abgebildet, und wenn nur durch Stereotype. Um zu überraschen verloren viele Formate zudem immer mehr den Bezug zur Realität. Sie schwankten zwischen Wahnwitz und Langeweile, nun sind sie am Ende.

Sat.1: Das erste neue Format läuft schon

Dass der Sendeplatz von 19 bis 20 Uhr übrigens nicht auch noch von Scripted Reality-Formaten besetzt ist, liegt übrigens an dem von Rosemann angekündigten Paradigmenwechsel. Denn mit „Doppelt kocht besser“ läuft seit kurzem eines der Formate, mit denen sich der Sender ein neues Gesicht verschaffen will. Bei der Sendung mit Alexander Kumptner muss ein Koch-Novize den Kochlöffel schwingen und wird dabei nur durch einen Knopf am Ohr angeleitet.

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Alexander Kumptner kocht nun mit absoluten Koch-Novizen bei „Doppelt kocht besser“.
Alexander Kumptner kocht nun mit absoluten Koch-Novizen bei „Doppelt kocht besser“.Sat.1

„Volles Haus“ soll drei Stunden bei Sat.1 Programm machen

Doch noch immer sind sieben Stunden Scripted Reality bei Sat.1 im Programm. Den Löwenanteil soll bald die Sendung „Volles Haus“ füllen. Im Winter 2022/23 soll die Sendung wochentags von 16 bis 19 Uhr laufen – und zwar live. Mit der Show wolle man die Stimmung des Tages aufgreifen und auf die Erwartungen der Zuschauer eingehen, wird Senderchef Rosemann etwas kryptisch auf der Homepage des Senders zitiert.

„Volles Haus“ soll offenbar eine Sendung werden, in der unterhalten und informiert werden kann. „Wir können über die Royal Family sprechen – und auch Tipps geben, wie man gerade am günstigsten einkauft. Aber es wird nicht nur geredet: Wir werden unsere Zuschauer:innen auch mit Beiträgen aus der ganzen Welt und selbst produzierten Doku-Soaps unterhalten und informieren“, so Rosemann. Zudem werde es die aktuellen Nachrichten des Tages geben.

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Gesendet werden soll zudem offenbar aus unterschiedlichen Kulissen. Keller, Garage, Küche oder Wohnzimmer sollen als Hintergrund für eigene Inhalte stehen.

Gelingt es Sat.1, „Volles Haus“ im Programm zu etablieren, wäre man bereits die Hälfte der Scripted Reality-Formate los. Das ist nach so vielen Jahren auch zwingend notwendig. Jetzt muss die neue Show aber auch wirklich besser sein.

Domescu Möller schreibt jeden Donnerstag im KURIER über die Welt des Fernsehens.
Anregungen an wirvonhier@berlinerverlag.com.