Pornos bei ARD und ZDF? Darum ist der Vorschlag verdammt sinnvoll!
Der Vorschlag der Berliner Jusos ist gar nicht schlecht, findet unser Kolumnist.

Es war eine Meldung, die die erwartbaren Reaktionen hervorrief. Nachdem die Berliner Jusos erklärten, sich für Pornos in den Mediatheken der öffentlich-rechtlichen Sender einzusetzen, gab es in den Sozialen Netzwerken zum einen Spott und zum anderen übten sich zahlreiche User in den verschiedensten Formulierungen der Frage: „Gibt es keine wichtigeren Probleme?“ Meine kurze Antwort: Ganz sicher gibt es das, dumm ist der Vorstoß trotzdem nicht.
Die Welt besser machen, mit fairen und feministischen Pornos
Denn nur, weil wir ungebremst immer weiter in die Klimakatastrophe schliddern, Waldimir Putin weiterhin einen Angriffskrieg in der Ukraine führt, die Türkei immer wieder kurdische Städte angreift, mehrere US-Bundesstaaten den Frauen die Entscheidungsgewalt über ihren Körper entreißen und sich ein Donald Trump derweil für einen erneuten Versuch ins Weiße Haus einzuziehen bereitmacht, heißt das doch nicht, dass wir so gar nicht versuchen dürfen, die Welt mit kleinen Stellschrauben besser zu machen.
Denn so wie sich die Jusos die öffentlich-rechtlichen Pornos vorstellen, würden sie mit Sicherheit viel Positives bewirken. Denn, die Filme sollten natürlich nicht im normalen Programm von ARD und ZDF zwischen „Rosenheim-Cops“ und „Bergdoktor“ laufen, sondern vielmehr in den Mediatheken der Sender zur Verfügung gestellt werden.
Dazu sollen die Sender feministische Pornos ankaufen, in denen es eine „Darstellung von Vielfalt an Körperformen, Geschlechtern, ethnischer Herkunft, Sexualität und Sexualpraktiken“ geben soll. Damit würden die öffentlich-rechtlichen Pornos im Gegensatz zu vielen Sexfilmen stehen, die derzeit niedrigschwellig und kostenlos im Internet zu finden sind. Dass es dort zur Darstellung von Inzest und Gewalt kommt, ist nur die Spitze des Eisbergs.
Jugendliche kommen leicht an kostenlose problematische Pornos
Vielmehr wird Jugendlichen, die problemlos an den Inhalt der einschlägigen Seiten kommen, auch ein sehr eindimensionales Bild von Sex vermittelt. Ein Bild, in dem Sex vor allem aus der Penetration besteht und mit dem männlichen Samenerguss endet. Ein sehr männlich dominiertes Bild, das sich auch darin äußert, dass die Kamera sich in vielen Filmen auf die Brüste und den Intimbereich der Darstellerinnen fokussiert. Im Zentrum steht für Filmemacher, Darsteller und zwangsläufig auch für die Zuschauer die Lust des Mannes.
Damit verfestigt sich die landläufige Meinung, dass Sex vor allem etwas ist, woran Männer Freude haben. Die weibliche Lust wird ausgeblendet. Feministische Pornos wollen das ändern, einen Perspektivwechsel wagen. Sie erzählen die sexuellen Fantasien von Frauen und geben ihnen Raum. Auch das ist ein Baustein auf dem noch langen Weg der Gleichberechtigung. Das gilt insbesondere für Geschlechter, die nicht ins weit verbreitete Mann-Frau-Schema passen.
Dass die Jusos in diesem Bereich, aber auch in Sachen „Körperformen“ oder „ethnischer Herkunft“ mehr Diversität fordern ist nachvollziehbar. Denn bislang werden PoC in Pornos durch rassistische Zuschreibungen exotisiert.
Es gibt feministische und faire Pornos
Tatsächlich gibt es bereits einige Pornoproduzentinnen, die nach diesen Maßstäben arbeiten und so versuchen, die Mauern der Branche einzureißen, um Kindern, Jugendlichen, aber auch Erwachsenen ein gesünderes, realistischeres und weniger eindimensionales Bild von Sex zu vermitteln - und dazu auch noch mit fairen Löhnen arbeiten. Die Filme gibt es, weil das faire Produzieren aber kostspielig ist, verständlicherweise nur gegen Bezahlung.
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Es würde dem Bildungsauftrag der öffentlich-rechtlichen Sender also gerecht werden, wenn sie diese Filme ihren Zuschauern genauso niedrigschwellig zur Verfügung stellt, wie die althergebrachten Pornos auf den einschlägigen Seiten.
Domescu Möller schreibt jeden Donnerstag im KURIER über die Welt des Fernsehens.
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