Im Osten zuhause: Der Eierschneider ist ein echter Lichtenberger! Hätten SIE es gewusst?
Das Haushaltsgerät, das fast jede DDR-Familie hatte, wurde 1909 von dem Unternehmer Willy Abel erfunden.

Wissen Sie, was mich am meisten auf der Ostpro-Messe fasziniert, wenn diese in Berlin stattfindet? Dass es dort noch so viele Haushaltsgeräte aus DDR-Zeiten zu kaufen gibt. Besonders begeistert war und bin ich immer noch von dem Eierschneider des einstigen VEB Sonja Plastic aus dem Erzgebirge, der auch heute in keiner ostdeutschen Küche fehlen darf. Vielleicht liegt es daran, dass ich dieses Ding in meiner Kindheit, zum Ärger meiner Mutter, gerne als Harfe zweckentfremdete und auf den acht oder neun Saiten herumklimperte.
Allerdings frage ich mich, warum der Eierschneider als typisches Ostprodukt angesehen wird. „Weil man in der DDR gerne Eierbrötchen aß oder zu Geburtstagen den Gästen Häppchen mit Eierscheiben servierte, die man mit Petersilie, Kapern oder Heringshäppchen belegte“, sagt Dr. Thomas Thiele.
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Warum ich den einstigen Leiter des Museums Lichtenberg zu dem legendären Küchengerät befrage, hat noch einen anderen Grund. Denn wissen Sie, wer den Eierschneider erfunden hat? Thiele weiß es: „Es war ein Lichtenberger!“ Und in seinem Werk im Osten Berlins liefen die ersten Eierschneider der Welt vom Band.
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Der Eierschneider wurde 1909 im Osten Berlins erfunden
Das war 1909. Der Erfinder des Eierschneiders war Unternehmer Willy Abel. Das war ein echter Daniel Düsentrieb. Mit den Erlösen aus der Erfindung seines Briefmarken- und Fahrkartenautomaten hatte er sich an der Rittergutstraße (heute Josef-Orlopp-Straße) die Harras-Werke aufgebaut, in denen dann der „Eiteiler“, so hieß der Eierschneider ursprünglich, hergestellt wurde.

Abel hatte offenbar eine Vorliebe für Haushaltsgeräte. Sein Ziel war es, mit diesen „Maschinen“ die „geplagte Hausfrau“ unterstützen. Und so erfand Abel nicht nur den Eierschneider, sondern auch die Brotschneidemaschine, die eine Sägescheibe hatte, die mit einer Kurbel angetrieben wurde. Ein späterer Nachfolger dieser Küchenhilfe nutzten auch meine Großmutter und meine Mutter.
Der Eierschneider wurde ein echter Renner. „Abel verkaufte bis 1950 weltweit über zehn Millionen Stück. Sogar in den USA fanden sie großen Absatz“, sagt Thiele. Und das Gerät wurde von anderen Herstellern zahlreich kopiert.

Am 23. September 1951 starb Abel. 1960 wurde sein Lichtenberger Werk an einem VEB zwangsverpachtet. „Der VEB Harras stellte nun keine Eierschneider mehr her. Er wurde zu einer Blechfabrik, die später auch Rasenmäher produzierte“, sagt Thiele.
Ich empfehle, am 14. Oktober in das Museum Lichtenberg (Türrschmidtstraße 24) zu gehen. Anlässlich des 70. Todestages von Willy Abel wird dort ab 18 Uhr in einer kostenlosen Sonderführung an den Lichtenberger Erfinder erinnert. In der Schau gibt es auch den „Urgroßvater“ aller Eierschneider zu sehen, der komplett aus Metall gefertigt war und noch keine Plaste-Teile wie die DDR-Produkte hatte. Diese gibt es vermutlich auf der nächsten Ostpro-Messe wieder zu sehen, die nach langer Corona-Zwangspause in diesem Herbst stattfinden soll. Aber das wird eine andere KURIER-Geschichte.
Norbert Koch-Klaucke schreibt jeden Freitag im KURIER über Geschichten aus dem Osten.
Kontakt in die Redaktion: wirvonhier@berlinerverlag.com