Ob im Osten oder im Westen: Die Fahrrad-Rowdys kotzen mich an!
Ist der Fußgänger nur ein Mensch zweiter Klasse? Egal wo man in Berlin zu Fuß unterwegs ist: Überall wird man von radelnden Rambos vom Gehweg verdrängt.

Sie erinnern sich vielleicht. Vor einigen Wochen hatte ich mich an dieser Stelle über den pampigen Ostcharme-Ton beklagt, der leider in unserer Region noch immer existiert. Aber mittlerweile habe ich festgestellt, dass der Jargon der Radfahrer in dieser Stadt, den rüden Osttonfall weit übertrifft.
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Egal, ob ich im Osten oder im Westen Berlins zu Fuß unterwegs bin: Ich fühle mich als Mensch zweiter Klasse. Da wird man auf dem Gehweg angeklingelt, sogar angehupt oder angeschrien, nur weil man den radelnden Herrschaften auf dem Bürgersteig nicht rechtzeitig Platz macht. Oft geben diese Fahrrad-Rowdys, die meinen, die ganze Straße gehöre ihnen alleine, noch nicht einmal ein Zeichen. Sie brettern an den Fußgängern einfach haarscharf vorbei.
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Das sei ein alter Hut, werden Sie jetzt sagen. Ich könnte mir die ganze Aufregung sparen, es bringt ja doch nichts. Aber ich rege mich auf, es muss raus, sonst ändert sich nichts. Verzeihen Sie mir die drastische Ausdrucksweise: Diese Fahrrad-Rowdys kotzen mich einfach an! Die im Ostteil sind genauso schlimm wie die aus dem Westen der Stadt.

Etwa dieser Herr im bunten Renntrikot, dem ich gestern auf dem Gehweg einer Straße zwischen Berlin und Potsdam begegnete. Mit dem Rennrad raste er auf mich zu, als wollte er wie Täve Schur die Friedensfahrt oder wie Jan Ullrich die Tour de France gewinnen. Zeit zum Wegspringen hatte ich nicht. Und wohin auch? Etwa in den Gartenzaun zur linken oder auf die Fahrbahn zur rechten Seite, um vor einem fahrenden Auto zu landen?
Rad-Rambos rasen, als wollten sie die Friedensfahrt gewinnen
Ich blieb auf dem Gehweg. Warum müssen Fußgänger einem Radfahrer weichen, nur weil er sich nicht an die Verkehrsregeln hält? Die Reaktion von dem Möchtegern-Rennfahrer kam prompt: „Ich würde mal an ihrer Stelle mitdenken“, herrschte er mich an und stoppte seine Fahrt. Als ich ihm erklärte, dass der Gehweg kein Radweg ist, bekam ich ein „Arschloch“ entgegengeschmettert.

Diese Rowdys sind überall. In Mitte, in Pankow, in Zehlendorf - oder in Kreuzberg, wo unsere Redaktion zuhause ist und der ehemalige Westen auf den ehemaligen Osten trifft. Beim Verlassen des Verlages muss ich schon befürchten, mit einem Radfahrer, der ums Eck geschossen kommt, zusammenzustoßen.
Der Fußweg ist kein Radweg - den Radfahrer interessiert das nicht
Dass der Bürgersteig kein Radweg ist, interessiere doch niemanden, höre ich dann von diesen Herrschaften. Oder, man könne ja auf dieser mit Kopfsteinsteinen gepflasterten Straßen nicht fahren. Fürchten da einige etwa um ihren zarten Po? Ich habe jedenfalls kein Problem, auf solchen Straßen zu fahren, wenn ich mit dem Rad unterwegs bin.
Ich will ja nicht die alten DDR-Zeiten hochjubeln. Aber wir im Osten hatten das Fahrrad-Rowdy-Problem nicht. Ich kann mich jedenfalls nicht daran erinnern, dass damals im Ostteil Berlins so viele Radfahrer wie heute auf den Gehwegen fuhren und die Fußgänger von ihrem Weg verdrängten.
Vielleicht hatte man sich damals mehr an den Paragrafen 1 der Straßenverkehrsordnung gehalten. Darin steht noch immer: „Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht. Wer am Verkehr teilnimmt hat sich so zu verhalten, dass kein anderer geschädigt, gefährdet oder … behindert oder belästigt wird.“ Das gilt auch für Radfahrer!
Norbert Koch-Klaucke schreibt jeden Freitag im KURIER über Geschichten aus dem Osten.
Kontakt in die Redaktion: wirvonhier@berlinerverlag.com