NVA-Waffen für die Ukraine: Lasst lieber die Friedenstaube fliegen!
Deutschland liefert DDR-Waffen und auf Berliner Balkonen hängt wieder das Friedenssymbol, das den DDR-Alltag prägte.

Das Bundeswirtschaftsministerium genehmigte der Bundeswehr die Weitergabe von 2700 Flugabwehrraketen vom Typ „Strela“. Dabei handelt es sich um Waffen aus sowjetischer Produktion und aus ehemaligen Beständen der Nationalen Volksarmee der DDR.
Merken Sie was? Diese Nachricht vom Donnerstag lässt mich einigermaßen ratlos zurück und bestätigt, was auch in vorherigen kriegerischen Auseinandersetzungen schon galt: Wenn Waffen einmal in der Welt sind, werden sie irgendwann auch eingesetzt. Dass sich alte NVA-Raketen nun gegen ihre einstigen Erbauer in Russland richten, ist die vielzitierte Ironie der Geschichte.
War die DDR ein Friedensstaat?
Dabei wollte die DDR doch immer ein Friedensstaat sein. Gegründet von antifaschistischen, friedlichen Deutschen. Für Frieden und Sozialismus seid bereit. Immer bereit, riefen wir Jungpioniere eifrig.
Doch für einen Staat, der nichts als den Frieden in der Welt will, tauchten im Alltag immer wieder Zeichen auf, die daran erinnerten, dass es Frieden nur mit Hilfe von Militärischer Stärke geben konnte. Wie sangen in der Schule von „Soldaten, die vorbeimarschiert sind, im gleichen Schritt und Tritt. Wir Pioniere kennen sie und laufen fröhlich mit. Gute Freunde, gute Freunde in der Volksarmee. Sie schützen unsre Heimat, zu Land, zu Luft und auf der See, juche!“
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Auch das Turnen mit Granaten gehörte zu DDR-Zeiten zum Sport- oder Wehrunterricht (seit 1978) dazu. Mit Modellen von Handgranaten und Stabminen wurde die Jugend auf den Dienst bei der NVA vorbereitet. Die Friedensbewegung, die in den 1980ern im Westen entstand, betrachtete man in der DDR mit Wohlwollen. Im eigenen Land aber wollte man lieber keine haben. Pazifisten in der DDR waren ein Fall für die Stasi.
Friedenstaube: Fahnen auf Berliner Balkonen
Auch heute sehe ich an Berliner Balkonen wieder das Symbol der Friedenstaube, welches auch 40 Jahre lang das Bild in der DDR prägte. Im Gegensatz zu Hammer und Zirkel konnte ich mit der weißen Taube auf blauem Grund immer mehr anfangen.

Dass das eigentlich biblische Symbol in der DDR so Karriere machen konnte hat seinen Ursprung auf dem „Weltkongress der Kämpfer für den Frieden“ in Paris. 1949 wurde dort die Taube zum Ursymbol der Weltfriedensbewegung auserkoren.Geschaffen hat sie kein geringerer als Pablo Picasso, der damals Mitglied der kommunistischen Partei Frankreichs war. Im Frühjahr 1949 entdeckte die junge Kindergärtnerin Erika Schirmer diese Friedenstaube von Picasso auf einem Plakat im Thüringischen Nordhausen und schrieb das Lied von der kleinen weißen Friedenstaube.

„Und das war ein ganz eigenes Gefühl. Um mich herum Schmutz, Trümmer, ganz, ganz traurige Menschen. Und auf einmal diese weiße Taube. Und ich hab mir gewünscht, dass die Taube losfliegen soll", sagte sie einmal. Kennen Sie den Text noch? „Kleine weiße Friedenstaube, fliege übers Land; allen Menschen, groß und kleinen, bist du wohlbekannt. Du sollst fliegen, Friedenstaube, allen sag es hier, dass nie wieder Krieg wir wollen, Frieden wollen wir. Fliege übers große Wasser, über Berg und Tal; bringe allen Menschen Frieden, grüß sie tausendmal. Und wir wünschen für die Reise Freude und viel Glück; kleine weiße Friedenstaube, komm recht bald zurück.“
Mir ist es lieber, dass die Friedenstaube wieder fliegt, anstatt alter NVA-Raketen.
Stefanie Hildebrandt schreibt regelmäßig im KURIER über Berlins Kieze und den Osten.
Kontakt in die Redaktion: wirvonhier@berlinerverlag.com