Das DDR Staatswappen und Spielzeug im Angebot eines Messestandes auf der Verkaufsmesse Ostpro.
Das DDR Staatswappen und Spielzeug im Angebot eines Messestandes auf der Verkaufsmesse Ostpro. Imago/Jochen Eckel

Alle Jahre wieder pilgern die Ostpro-Jünger hin: zu der Messe, die wie keine andere an ein ganz spezielles Lebensgefühl anknüpft. Eine  reine Verkaufsschau war die Ostpro noch nie. Und nach Verkaufs-Neuheiten – wie auf anderen Messen - hält hier auch niemand Ausschau.

Altbewährtes bewahrt wissen auf der Ostpro

Vielmehr geht es darum Altes und Bewährtes bewahrt zu wissen, nachzusehen, ob es sie noch gibt die Rotstern-Schokolade, die Harzer Wurst, den Stand mit den DDR-Haushaltsartikeln. Auf der Ostpro findet eine kollektive Selbstvergewisserung statt, man ist meist unter seinesgleichen und demonstriert - wie die Hersteller aus den Ost-Bundesländern, die ihre Waren ausbreiten: Ja, es gibt uns noch.

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Und was die Besucher verbindet, sind neben geteilten Erinnerungen an ein Leben in der DDR  eben auch bestimmte Produkte, die wie Codes Erinnerungen wecken. Für jeden Besucher sind die Auslöser eines nostalgischen Gefühls andere. Die einen kaufen Schokoladen-Bonbons mit Märchenbildern, die anderen Eierlikör nach DDR-Rezept, wieder andere schwören auf Wiener Würstchen, wie es sie nur im Osten gab. Ein Kult lebt vom gemeinsamen Willen, an das Besondere zu glauben. Auch deswegen dürfen sich die Ostpro-Jünger auf ein Gefühl wie beim Wiedersehen beim Klassentreffen freuen. Nicht selten sind die Gäste in den besten Jahren, manche machen sich gar mit dem Rollator auf den Weg.

Nach zwei Jahren Corona-Zwangspause gibt es wieder eine Ostpro. Diesmal findet die Messe auf der Trabrennbahn Karlshorst statt. Messe-Chefin ist Ramona Oteiza.
Nach zwei Jahren Corona-Zwangspause gibt es wieder eine Ostpro. Diesmal findet die Messe auf der Trabrennbahn Karlshorst statt. Messe-Chefin ist Ramona Oteiza. Gerd Engelsmann

Was aber hat eine Messeveranstaltung wie die Ostpro für junge Menschen zu bieten, die die DDR nur aus Erzählungen kennen? „Ist das nicht ein bisschen wie ein Museum mit Verkostung?“, fragen sie. Das und noch viel mehr, wenn man sich darauf einlässt, meine ich. Besonders gut schmeckt ein Besuch der Ostpro nämlich an der Seite eines Erklärers, der eigene Geschichten zu den ausgestellten Waren erzählen kann.

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Zeitreise von der Vergangenheit in die Gegenwart auf der Ostpro

Da erinnert sich die Mama beim Anblick der Netze für Seifenreste an ihre erste Reise ins Ferienlager. Dort erzählt der Opa vom Schnaps mit dem Namen Kumpeltod, der in den Eierlikör gehört. Eine Zeitreise von der Vergangenheit in die Gegenwart ist möglich, denn auch die Überlebensgeschichten der Marken und Firmen, die hier ausstellen, sind spannend und wollen gehört werden.

Wer noch nie auf der Ostrpo war, der verpasst was: einen ganz eignen Kosmos, der manchmal schräg anmuten mag  und altmodisch, der aber immer auch mit jeder Menge Emotion besetzt ist. Die Ostpro erfüllt, wie Trabbitreffen und vergleichbare Veranstaltungen einen wichtigen gesellschaftlichen Zweck: sie ist auch ein Ort der Identifikation für Menschen, die sich anderswo nicht besonders gut gehört fühlen. Dass die Ostpro ein Erfolg ist, zeigt die große Nachfrage:  „Die Ostpro ist momentan ausgebucht und wir versuchen die  Außenfläche zu erweitern“, sagt die Messe-Chefin Ramona Oteiza.

Die Frühjahrs-Ostpro 2022 findet vom 22.-24. April 2022, jeweils von 10-18 Uhr auf der Trabrennbahn Berlin-Karlshorst statt.

Stefanie Hildebrandt schreibt regelmäßig im KURIER über Berlins Kieze und den Osten.
Kontakt in die Redaktion: wirvonhier@berlinerverlag.com