Nach der RTL-Passion: Jetzt wollen wir auch den Gang nach Canossa als TV-Event
Die Show wurde viel belächelt, bekam aber gute Quoten. Unser Autor hat drei Empfehlungen für ähnliche Events.

Es ist immer wieder faszinierend: Objektiv können Shows unfassbar schlecht sein und doch schalten zahlreiche Menschen ein. Darunter sind immer auch einige, die das Gesehene subjektiv schön, berührend und auf eine verschrobene Art einfach zauberhaft finden – doch es gibt auch immer die, die sich all das nur anschauen, um sich darüber lustig zu machen. Mitreden zu können, wenn es daran geht, am nächsten Tag darüber zu lästern.
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Ich selbst mache mich davon nicht frei, ich habe die Passions-Geschichte bei RTL in der vergangenen Woche beispielsweise nur eingeschaltet, um mitreden zu können. Das habe ich dann ausführlich im KURIER-Podcast „Ich glotz TV“ mit meinen Kollegen Michael Heun und Florian Thalmann getan.
RTL hat diese Art der Publikums-Akquise seit Jahren perfektioniert. Bevor das Dschungelcamp-Kult wurde, schalteten erstmal Zuschauer ein, um mitreden zu können. Und nun geben die Quoten bei aller berechtigter Kritik auch den Passions-Machern von RTL Recht. Ein idealer Anlass fürs Privatfernsehen, andere bekannte Erzählungen in einem aktuellen Setting nachzuspielen. Hier sind drei Vorschläge:
Joko und Klaas als Romulus und Remus
Sie sind wie gemacht für die Geschichte der ewigen Stadt: Die ewigen Jugendlichen Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf schlüpfen in die Rolle von Romulus und Remus. Von Wolf-Dieter Poschmann und Wolf Fuß aufgezogen, landen sie in der Brandenburgischen Provinz, wo ihnen von einem miesmutigen Landwirt (Winfried Glatzeder) gestattet wird, eine Stadt zu gründen.
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Doch zwischen den beiden kommt es zum Streit, in dessen Folge Romulus (Joko) und Remus (Klaas) ein Duell um die Welt veranstalten, dass Joko nach Zuschauerentscheid klar für sich entscheidet. Weil Remus sich nicht mit der Niederlage abfinden will, verspottet er Romulus und wird dafür erschlagen. Rom (Joachimsthal) wird gegründet.
Joachim Llambi und die französische Revolution
Sucht man historische Geschichten, würde sich natürlich die französische Revolution anbieten. Ludwig XVI. (Joachim Llambi) und seine Frau Marie Antoinette (Victoria Swarovski) leben in einem irren Elfenbeinturm. Während das Volk Hunger leidet, lassen sie es sich am Hofe gutgehen und tanzen durch Versailles. Doch dann kommt es im Streit über Mitspracherechte der einfachen Bürger zur Revolution.
Eine aufgebrachte Meute (u.a. Moritz Bleibtreu und Antoine Monot Jr.) stürmt die Bastille, der König wird erst entmachtet, später stirbt er durch die Guillotine, die Platz für eine Nebengeschichte über deutschen Ingenieursgeist bietet. Klavierbauer Tobias Schmidt aus Wiesbaden (Wigald Boning) hatte die erste Guillotine gebaut.
Mario Barth und die Taxifahrt nach Canossa
Ebenfalls ein Klassiker könnte der Gang nach Canossa werden. Der deutsche König Heinrich IV. (Mario Barth) hat wiederholt seine Maske nicht aufgesetzt und wird daher vom rechtschaffenden Schaffner Gregor VII. (Florian David Fitz) exkommuniziert. Die einzige Chance, jemals wieder einen Zug zu betreten, sieht der einst hochgeachtete Heinrich darin, mit dem Taxi nach Canossa zu fahren, und Gregor VII. mit einem 45-minütigen Facebook-Live-Video so lange auf die Nerven zu gehen, bis der ihn doch wieder in den Zug lässt.
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Ob eine dieser drei Ideen umgesetzt wird, ist unklar. Sicher ist: Sollte es so weit sein, würde ich vor dem Fernseher sitzen.
Domescu Möller schreibt jeden Donnerstag im KURIER über die Welt des Fernsehens.
Anregungen an wirvonhier@berlinerverlag.com.